Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
KG Berlin, Beschluss vom 11.10.2017 - 5 W 221/17
Influencer-Marketing - Zur Kennzeichnung von Werbung auf #Instagram
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 5a Abs. 6
Leitsätze:*1. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unter anderem jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss, dass objektiv mit der Förderung des Absatzes von Waren zusammenhängt. Hierunter kann auch der Betrieb eines Instagram-Accounts einer Person fallen, wenn dieser Äußerungen enthält, die den Absatz von präsentierten Waren (hier: Modeartikel und Kosmetika) fördern sollen und wenn die den Account betreibende Person hierfür Entgelte oder sonstige Vorteile, wie z.B. Rabatte oder Zugaben erhält (vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 08.06.2017 - 13 U 53/17, MIR 2017, Dok. 034); sei es auch nur durch kostenlose Überlassung der präsentierten Produkte.
2. Das der Betreiber eines Instagram-Accounts ohne jegliches Entgelt (oder sonstige Vorteile, vgl. Ziff. 1) in 15 Beiträgen jeweils einen oder mehrere Markenartikel unterschiedlicher Herkunft präsentiert und hierbei stets “sprechende” Links unmittelbar auf die Internetauftritte der entsprechenden Unternehmen setzt, dies also allein aus reiner Produktbegeisterung und Mitteilungsbedürfnis heraus so unternimmt, ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, wohl aber doch in einem Ausmaß unwahrscheinlich, dass dies im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichend ist.
3. Wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Der Hinweis muss jedoch so deutlich erfolgen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der jeweils angesprochenen oder betroffenen Verbraucherkreise kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht. Der kommerzielle Zweck muss auf den ersten Blick hervortreten (OLG Celle, Urteil vom 08.06.2017 - 13 U 53/17, MIR 2017, Dok. 034). Die Angaben "ad" oder "sponsoredby[name]" im Rahmen der "Hashtagwolke" eines Instagram-Posts genügen dem nicht (mit Verweis auf BGH, Urteil vom 06.02.2014 - I ZR 2/11, MIR 2014, Dok. 086 - GOOD NEWS II; OLG Celle, Urteil vom 08.06.2017 - 13 U 53/17, MIR 2017, Dok. 034).
4. Entbehrlich ist eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks nur dann, wenn dieser auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist. Es genügt nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags dessen werbliche Wirkung erkennt. Denn das schließt nicht aus, dass der Leser dem Beitrag in Verkennung des Umstands, dass es sich um Werbung handelt, eingehendere Beachtung schenkt (BGH, 31.10.2012 - I ZR 205/11, MIR 2013, Dok. 036 - Preisrätselgewinnauslobung V - zu § 4 Nr. 3 UWG a.F.).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 15.12.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2841
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Landgericht Köln, MIR 2020, Dok. 034
Arzneimittel in der Prüfphase - Ein nur potenzielles Wettbewerbsverhältnis begründet keine wettbewerbsrechtliche Anspruchsberechtigung
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.11.2024 - 6 U 188/24, MIR 2025, Dok. 006
Seigniorage-Einkünfte der EZB stammen nicht aus der Nutzung des Werks - Kein Nachvergütungsanspruch wegen Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2024, Dok. 021
Early Reviewer Program - Zur Irreführung durch bezahlte Kundenrezensionen auf Amazon
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 09.06.2022 - 6 U 232/21, MIR 2022, Dok. 060
Psychologie der Preisgestaltung - Preisangabe bei der Werbung für einen Fitnessstudio-Vertrag ohne Einbeziehung von Servicegebühren wettbewerbswidrig
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2021, Dok. 21