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Kurz notiert // Urheberrecht



Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Seigniorage-Einkünfte der EZB stammen nicht aus der Nutzung des Werks - Kein Nachvergütungsanspruch wegen Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten

OLG Frankfurt a.M, Urteil vom 29.2.2024 - 11 U 83/22; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.5.2024 - 2-06 52/21

MIR 2024, Dok. 021, Rz. 1


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Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat Entscheidung vom 29.02.2024 (11 U 83/22) Nachvergütungsansprüche wegen der Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten zurückgewiesen. Die Darstellung der europäischen Landmasse fußt auf einer von der Firma des Klägers lizenzierten Foto-Kollage aus zahlreichen Satellitenbildern. Die vom Kläger begehrte Beteiligung an den der Beklagten jährlich zugewiesenen so genannten Seigniorage-Ein- künften scheide bereits deshalb aus, da diese Einkünfte nicht "aus der Nutzung des Werks", sondern unabhängig von der optischen Gestaltung der Banknoten entstehen.

Zur Sache

Der Kläger begehrt Nachvergütung wegen der Abbildung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten der ersten (2002) und der zweiten Serie (2019). Die beklagte EZB ist allein berechtigt, Euro-Banknoten zu genehmigen und sie gemeinsam mit den nationalen Notenbanken auszugeben. Die Gestaltung der Euro-Banknoten war das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, der mit einem Gestaltungswettbewerb begonnen hatte. Diesen hatte ein österreichischer Designer gewonnen. Seine Entwürfe sahen als eines der Gestaltungselemente eine Abbildung der europäischen Landmasse vor. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten beauftragte die vom Kläger geführte Firma, ihr dafür eine "satellite projection of Europe" herzustellen und die Rechte an der Nutzung dieser Abbildung für damals 25.000 österreichische Schillinge zu übertragen.

Der Kläger behauptet, er selbst habe auftragsgemäß die streitgegenständliche Bilddatei aus einer Vielzahl von Satellitenbildern als Foto-Collage zusammengesetzt und bearbeitet. Er errechnet sich einen Nachvergütungsanspruch für die überlassene Bilddatei u.a. auf Basis der sogenannten Seigniorage-Einkünfte. Diese werden der Beklagten jährlich in Höhe von 8% des Werts aller im Euro-Währungsgebiet umlaufenden Geldscheine zugewiesen. Im Wege der Teilklage begehrt er Zahlung von EUR 25.000,00. Widerklagend hat die Beklagte beantragt feststellen, dass dem Kläger kein weiterer Anspruch in Höhe von rund EUR 5,5 Mio. zustehe.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der Berufung verfolgte der Kläger erfolglos seinen Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 25.000,00 weiter.

Entscheidung des Gerichts: Seigniorage-Einkünfte keine wirtschaftliche Nutzung des reklamierten Werks

Der für Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt a.M. meint, dem Kläger stehe auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Urheberschaft an der Datei und der Annahme eines urheberrechtsschutzfähigen Werks kein Nachvergütungsanspruch zu. Der urheberrechtliche Nachvergütungsanspruch solle sicherstellen, dass der Schöpfer eines Werkes angemessen an der wirtschaftlichen Werknutzung beteiligt werde. Der Anspruch beziehe sich auf die Erträge und Vorteile "aus der Nutzung des Werkes". Die vom Kläger angeführten Seigniorage-Einkünfte seien keine derartige wirtschaftliche Nutzung des vom Kläger reklamierten Werks. Sie entstünden ohne jede wirtschaftliche Verwertungshandlung des Werks allein aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Geldpolitik. Der Wert der Banknoten - und damit verbunden die Höhe der Seigniorage-Einkünfte - bestimmte sich allein nach ihrem zahlenmäßigen Aufdruck/der Stückelung. Ihre optische Gestaltung wirke sich weder auf den aufgedruckten Wert noch den Umfang des Umlaufvermögens aus. Der Umfang des umlaufenden Barvermögens werde rein ökonomisch ermittelt. Auch ohne Verwendung einer Abbildung der Landmasse Europas auf den Banknoten wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, Banknoten im jeweils erforderlichen Umfang und den erforderlichen Größen zu genehmigen und auszugeben. Sie hätte in diesem Fall Seigniorage-Einkünfte in identischer Höhe erhalten.

Freie Benutzung der europäischen Landmasse

Darüber hinaus seien die geldwerten Vorteile der Beklagten auch deshalb nicht "aus der Nutzung des Werkes" entstanden, da die auf den Banknoten dargestellte europäische Landmasse als so genannte freie Benutzung anzusehen sei. Die eigentümlichen Bestandteile des Werkes des Klägers, das sich u.a. durch eine naturgetreue und in den Farben an der Farbskala eines Atlasses orientierten Darstellung auszeichne, träten hinter die eigenschöpferischen Veränderungen der Beklagten zurück. Prägend für die Banknoten sei insbesondere die einheitliche, an der Stückelungsgröße orientierte farbliche Ge- staltung. Der Betrachter nehme keine naturgetreue Abbildung Europas war, sondern ein grafisches Element mit den Umrissen Europas, so der Senat.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

(tg) - Quelle: PM Nr. 10/2024 des OLG Frankfurt a.M. vom 29.02.2024

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 29.02.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3350
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