Rechtsprechung // Zivilrecht
OLG Nürnberg, Urteil vom 05.11.2024 - 14 U 138/24
Wiederverkauf von Coachingdienstleistungen - Das FernUSG ist nicht auf Unternehmer anwendbar
FernUSG § 1, 7 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1; BGB §§ 123, 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 818 Abs. 2
Leitsätze:*1. Das FernUSG ist nur auf Verbraucher und nicht auch auf Unternehmer anwendbar. Für die Anwendung des FernUSG nur auf Verbraucherverträge spricht die Begründung des Gesetzes, die Entstehungsgeschichte und Verweise auf die Geltung von Verbraucherschutznormen (wird ausgeführt).
2. Zur Frage, wann es sich bei einem Coachingvertrag um einen Vertrag im Sinne von § 1 FernUSG handelt (hier: verneint).
3. Für die räumliche Trennung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG ist maßgeblich, ob die Lernenden zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen, um mit dem Lehrenden Kontakt aufzunehmen. Bei einer Videokonferenz oder anderen synchronen Kommunikation ist jederzeit ein Kontakt - wie in Präsenzveranstaltungen - möglich. Dann ist - obwohl Lernende und Lehrende sich an unterschiedlichen Orten aufhalten - eine räumliche Trennung im Sinne des Gesetzes nicht gegeben (wird ausgeführt).
4. Eine Überwachung des Lernerfolgs im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG kann bereits dann gegeben sein, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z.B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten (BGH, Urteil vom 15.10.2009 - III ZR 310/08, Rn. 21). Insofern kommt es auf die (konkrete) vertragliche Vereinbarung an und nicht darauf, ob die Überwachung des Lernerfolgs auch tatsächlich durchgeführt wird (BGH, Urteil vom 15.10.2009 - III ZR 310/08, Rn. 20, m.w.N.; vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 - 2 U 24/23, MIR 2023, Dok. 081). Sollte der Anbieter dem Teilnehmer vertraglich nur für individuelle Fragen im Rahmen eines „Coachings“ bzw. „Mentorings“ zur Verfügung stehen, so wird keine „Überwachung“ des Lernerfolges geschuldet. Allein die Gelegenheit des Teilnehmers im Rahmen eines Coachings Fragen zu stellen, stellt schon dem Wortsinne nach keine „Überwachung“ dar. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des FernUSG auf solche Fälle, in denen gerade keine Kontrolle des Lernerfolgs vereinbart wurde, widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes (zum Ganzen: OLG Hamburg, Urteil vom 20.02.2024 - 10 U 44/23, MIR 2024, Dok. 019).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.11.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3420
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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