Kurz notiert // Urheberrecht
Bundesgerichtshof
Birkenstock-Sandalen - Sandalenmodelle sind keine urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst
BGH, Urteile vom 20.02.2025 - I ZR 16/24; Vorinstanzen: LG Köln, 11.05.2023 - 14 O 39/22; OLG Köln, 26.01.2024 - 6 U 86/23
BGH, Urteile vom 20.02.2025 - I ZR 17/24; Vorinstanzen: LG Köln, 11.05.2023 - 14 O 41/22; OLG Köln, 26.01.2024 - 6 U 85/23
BGH, Urteile vom 20.02.2025 - I ZR 18/24; Vorinstanzen: LG Köln, 11.05.2023 - 14 O 121/22; OLG Köln, 26.01.2024 - 6 U 89/23
MIR 2025, Dok. 015, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 20.02.2025 in drei Revisionsverfahren über den Urheberrechtsschutz von Birkenstock-Sandalen entschieden. Die Revisionen von Birkenstock waren erfolglos. Die streitgegenständlichen Sandalenmodelle seien keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst, so der BGH.
Zur Sache
Die Klägerin ist Teil der Birkenstock-Gruppe. Sie vertreibt verschiedene Sandalenmodelle. Die Beklagten bieten über das Internet ebenfalls Sandalen an oder stellen Sandalen als Lizenznehmer her.
Die Klägerin ist der Auffassung, bei ihren Sandalenmodellen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst. Die Angebote und Produkte der Beklagten verletzten das an ihren Sandalenmodellen bestehende Urheberrecht. Sie hat die Beklagten in allen Verfahren auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz sowie Rückruf und Vernichtung der Sandalen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Klagen jeweils stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klagen dagegen abgewiesen und einen urheberrechtlichen Schutz der Sandalenmodelle der Klägerin als Werke der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG verneint.
Mit den vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen hat die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Urheberrechtsschutz setzt gestalterischen Freiraum voraus und dessen Nutzung in künstlerischer Weise voraus
Die Revisionen der Klägerin hatten keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Ansprüche seien unbegründet, weil die Sandalenmodelle der Klägerin keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst sind.
Wenn technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen...
Das Oberlandesgericht sei mit Recht davon ausgegangen, dass Urheberrechtsschutz voraussetzt, dass ein gestalterischer Freiraum besteht und in künstlerischer Weise genutzt worden ist. Ein freies und kreatives Schaffen sei ausgeschlossen, soweit technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen.
Gestaltungshöhe muss Individualität erkennen lassen
Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst sei - wie für alle anderen Werkarten auch - eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente sei dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich. Für den Urheberrechtsschutz müsse vielmehr ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht werden, der Individualität erkennen lässt. Wer urheberrechtlichen Schutz beansprucht, trage die Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen.
Das Oberlandesgericht haben sich mit sämtlichen Gestaltungsmerkmalen auseinandergesetzt, die nach Auffassung der Klägerin den Urheberrechtsschutz ihrer Sandalenmodelle begründen. In rechtsfehlerfreier tatgerichtlicher Würdigung sei es zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht festgestellt werden kann, dass der bestehende Gestaltungsspielraum in einem Maße künstlerisch ausgeschöpft worden ist, das den Sandalenmodellen der Klägerin urheberrechtlichen Schutz verleiht.
(tg) - Quelle: PM Nr. 038/2025 des BGH vom 20.02.2025
Zur Sache
Die Klägerin ist Teil der Birkenstock-Gruppe. Sie vertreibt verschiedene Sandalenmodelle. Die Beklagten bieten über das Internet ebenfalls Sandalen an oder stellen Sandalen als Lizenznehmer her.
Die Klägerin ist der Auffassung, bei ihren Sandalenmodellen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst. Die Angebote und Produkte der Beklagten verletzten das an ihren Sandalenmodellen bestehende Urheberrecht. Sie hat die Beklagten in allen Verfahren auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz sowie Rückruf und Vernichtung der Sandalen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Klagen jeweils stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klagen dagegen abgewiesen und einen urheberrechtlichen Schutz der Sandalenmodelle der Klägerin als Werke der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG verneint.
Mit den vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen hat die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Urheberrechtsschutz setzt gestalterischen Freiraum voraus und dessen Nutzung in künstlerischer Weise voraus
Die Revisionen der Klägerin hatten keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Ansprüche seien unbegründet, weil die Sandalenmodelle der Klägerin keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst sind.
Wenn technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen...
Das Oberlandesgericht sei mit Recht davon ausgegangen, dass Urheberrechtsschutz voraussetzt, dass ein gestalterischer Freiraum besteht und in künstlerischer Weise genutzt worden ist. Ein freies und kreatives Schaffen sei ausgeschlossen, soweit technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen.
Gestaltungshöhe muss Individualität erkennen lassen
Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst sei - wie für alle anderen Werkarten auch - eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente sei dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich. Für den Urheberrechtsschutz müsse vielmehr ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht werden, der Individualität erkennen lässt. Wer urheberrechtlichen Schutz beansprucht, trage die Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen.
Das Oberlandesgericht haben sich mit sämtlichen Gestaltungsmerkmalen auseinandergesetzt, die nach Auffassung der Klägerin den Urheberrechtsschutz ihrer Sandalenmodelle begründen. In rechtsfehlerfreier tatgerichtlicher Würdigung sei es zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht festgestellt werden kann, dass der bestehende Gestaltungsspielraum in einem Maße künstlerisch ausgeschöpft worden ist, das den Sandalenmodellen der Klägerin urheberrechtlichen Schutz verleiht.
(tg) - Quelle: PM Nr. 038/2025 des BGH vom 20.02.2025
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 20.02.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3449
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