Rechtsprechung // Zivilrecht
OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 - 2 U 24/23
Online-Coaching und Fernunterricht - Eine Überwachung des Lernerfolgs im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich, ist als Kontrolle durch den Lehrenden oder seine Beauftragten zu verstehen; eine Selbstkontrolle genügt nicht
FernUSG § 1 Abs. 1
Leitsätze:*1. Nach § 1 Abs. 1 FernUSG ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des FernUSG, dass es sich um einen Vertrag handelt, der die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand hat, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.
2. Ein Vertrag (hier: Online-Coaching) der zwar auch die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand hat und ein Programm zum Inhalt hat, bei dem - im Wesentlichen mittels Videos, Worksheets, Templates und Skripten - Wissensvermittlung zur Unternehmensorganisation, zum Marketing und zum Vertrieb erfolgen soll, findet überwiegend räumlich getrennt im Sinne von § 1 Abs 1 Nr. 1 FernUSG statt, wenn die Kommunikation zwar zu einem großen Teil synchron erfolgt, Seminare aber zumindest zusätzlich zur Wiederholung von den Teilnehmern abgerufen werden können.
3. Eine Überwachung des Lernerfolgs im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich, ist als Kontrolle durch den Lehrenden oder seine Beauftragten zu verstehen; eine Selbstkontrolle genügt nicht. Zwar ist das Tatbestandsmerkmal "Lernerfolgsüberwachung" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG weit auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2009 - III ZR 310/08). Die Vereinbarung und Bereitstellung von Austausch und Netzwerken - einschließlich der Klärung von Fragen zum eigenen Verständnis des bisher Erlernten (persönliche Lernkontrolle) - genügt nicht. Ist in dem fraglichen Vertrag eine Lernerfolgskontrolle nicht ausdrücklich erwähnt oder vereinbart worden, dass irgendwelche Prüfungsaufgaben oder Gelegenheiten gegeben werden, sich über den Lernerfolg rückzuversichern und wird das fragliche Programm auch nicht etwa als Lehrgang, Studium oder in ähnlicher Weise bezeichnet und soll auch nicht irgendein Abschluss erworben werden, fehlt es an der vereinbarten Überwachung des Lernerfolges.
Offen gelassen hat das Gericht im Ergebnis die (umstrittene) Frage, ob das FernUSG auch auf Konstellationen zwischen Unternehmern (B2B) anwendbar ist.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 06.12.2023
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3325
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Beschluss vom 28.04.2020 - X ZR 60/19, MIR 2020, Dok. 052
Prozessuale Waffengleichheit im Wettbewerbsrecht!? - Die Maßstäbe zur Handhabung der prozessualen Waffengleichheit und des rechtlichen Gehörs im einstweiligen Verfügungsverfahren gelten im Grundsatz auch im Lauterkeitsrecht.
BVerfG, Beschluss vom 27.07.2020 - 1 BvR 1379/20, MIR 2020, Dok. 065
Keine entsprechende Anwendung von § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 049
Sperrandrohung für einen Mobilfunkanschluss bei strittiger Gebührenforderung kann eine unlautere aggressive geschäftliche Handlung darstellen
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2019, Dok. 031
Für die Angabe des Namens bei der Registrierung im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG genügt die Angabe der Geschäftsbezeichnung – Wettbewerbsverstoß wegen Aufrechnungsverbot in AGB
LG Bonn, Urteil vom 29.07.2020 - 1 O 417/19, MIR 2020, Dok. 086