Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Köln, Urteil vom 23.06.2023 - 6 U 178/22
Matratzen-UVP II - Die Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) ist irreführend, wenn der Werbetreibende das einzige Unternehmen ist, dass eine Matratze unter einem bestimmten Namen vertreibt
UWG 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2; 12 Abs. 1
Leitsätze:*1. Die Dringlichkeitsvermutung wird nicht dadurch widerlegt, dass die Antragstellerin im Verfügungsantrag - innerhalb desselben Streitgegenstandes - gegenüber dem Abmahnschreiben weitergehenden Vortrag hält und dies die gerichtliche Anhörung des Gegners zum Verfügungsantrag veranlasst hat.
2. Die Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) ist irreführend, wenn der Werbetreibende das einzige Unternehmen ist, dass eine Matratze unter einem bestimmten Namen vertreibt; eine hinreichende Orientierungshilfe für den Verbraucher gibt die UVP auch dann nicht, wenn baugleiche Matratzen im Handel erhältlich sind.
3. Die Darlegung, dass ein vom Hersteller empfohlener Preis für eine Matratze im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht ernsthaft als Verkaufspreis in Betracht kommt, erfordert ein Eingehen nicht nur auf die Preisgestaltung im Online-, sondern auch im stationären Matratzenhandel.
4. Eine kartellrechtlich zulässige Werbung mit einer UVP u.a. ist irreführend, wenn nicht klargestellt wird, dass es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist, wenn der vom Hersteller empfohlene Preis im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht kommt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14.11.2002 - I ZR 137/00 - Preisempfehlung für Sondermodelle) oder wenn die unverbindliche Preisempfehlung keine marktgerechte Orientierungshilfe darstellt, weil etwa ein Alleinvertriebsberechtigter einer nur ihm gegenüber ausgesprochenen unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers einen niedrigeren Preis gegenüberstellt (vgl. BBGH, Urteil vom 28.06.2001 - I ZR 121/99 - Preisempfehlung bei Alleinvertrieb). Dabei trifft die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass eine Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen, grundsätzlich den Anspruchsteller. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, nach denen der Verletzte die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat, der Verletzer dagegen diejenigen Umstände, die den rechtsbegründenden Tatsachen ihre Bedeutung oder Grundlage nehmen. Für Ansprüche wegen irreführender Werbung mit bestehenden unverbindlichen Preisempfehlungen von Herstellern gilt nichts anderes (BGH, Urteil vom 27.11.2003 - I ZR 94/01 - Mondpreise?; ebenso OLG Köln, Urteil vom 09.09.2022 - 6 U 92/22, MIR 2022, Dok. 067 - Matratzen-UVP I)
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.12.2023
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3323
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2022 - I-20 U 105/21, MIR 2022, Dok. 019
Grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung von Anbietern für Kundenbewertungen bei Amazon
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 013
Organisierter Fernabsatz? - Anwaltsverträge können den Regeln für den Fernabsatz unterfallen und als solche widerrufen werden
BGH, Urteil vom 23.11.2017 - IX ZR 204/16, MIR 2018, Dok. 011
Zigarettenausgabeautomat III - Abbildungen von Zigarettenpackungen auf Warenausgabeautomaten müssen gesundheitsbezogene Warnhinweise zeigen
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 073
Sofort-Bonus II - Zur Frage, wann die Werbung mit einem Sofort-Bonus einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfalt gemäß § 3 Abs. 2 UWG darstellen kann
BGH, Urteil vom 20.02.2020 - I ZR 5/19 , MIR 2020, Dok. 019