Rechtsprechung // Persönlichkeitsrecht
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.01.2023 - 16 U 255/21
Nachtrag als milderes Mittel - Kein Unterlassungsspruch und keine Löschung bei einem nicht mehr aktuellem Beitrag über ein Gerichtsverfahren auf der Homepage eines Rechtsanwalts
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 2
Leitsätze:*1. Die Löschung (hier: wohl als Folge einer begehrten Unterlassung bzw. als Folgenbeseitigung) einer angegriffenen Äußerung über ein gerichtliches Verfahren bzw. eine erstinstanzliche Entscheidung wegen einer Änderung der Sachlage durch eine neue Verfahrensentwicklung kann sich als zu starker Eingriff in die Berufs- und Meinungsfreiheit eines Rechtsanwalts darstellen, der insoweit auf seiner Website berichtet. Dieser könnte nicht mehr auf diese Entscheidung als mögliche und einmal von einem (Unter-)Gericht vertretene Rechtsauffassung hinweisen. Dies gilt umso mehr, wenn angegriffene Äußerungen nur auf eine bestimmte Entscheidung bezogen sind und durch deren spätere Aufhebung dieser Entscheidung nicht unzulässig werden. Dem Interesse des betroffenen Unternehmens, dass mit dem Beitrag allein über eine erstinstanzliche Entscheidung nur „die halbe Wahrheit“ mitgeteilt wird, kann durch einen klarstellenden Nachtrag über die geänderte Sachlage in ausreichender Weise Rechnung getragen werden. Dabei handelt es sich um ein gegenüber der Löschung der angegriffenen Äußerungen milderes Mittel.
2. Ein Nachtragsanspruch ergibt sich als besondere Form der Folgenbeseitigung aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 BGB.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.02.2023
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3260
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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