Rechtsprechung
OLG Köln, Urteil vom 29.04.2009 - 6 U 218/08
"Ja, ich bin damit einverstanden..." - Eine als so genannte "Opt-in"-Klausel vorformulierte Einwilligung in Telefonwerbung ist unwirksam, wenn sie so allgemein gehalten ist, dass sie ohne einen konkreten Bezug die Bewerbung aller möglichen Waren und Dienstleistungen durch einen nicht überschaubaren Kreis von Unternehmen erlaubt.
BGB §§ 305, 307; UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3
Leitsätze:*1. §§ 305 ff. BGB sind auch auf vorformulierte einseitige Erklärungen anzuwenden, die im Zusammenhang mit
einem Vertragsverhältnis stehen (hier: Einwilligungserklärung in Telefonwerbung - vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008 - Az. VIII ZR 348/06,
MIR 2008, Dok. 278 - Payback; BGH, Urteil vom 27.01.2000 - Az. I ZR 241/ 97 - Telefonwerbung VI).
Maßgeblich ist insoweit, dass der Verwender der Klausel für sich die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit - wie bei der Vorformulierung
eines Vertragstextes - in Anspruch nimmt, während der andere Teil nur darauf Einfluss hat, ob er die Erklärung abgeben will, nicht aber auf deren Inhalt
(vgl. BGB GRUR 2000, 818 - Telefonwerbung VI).
2. Eine als so genannte "Opt-in"-Klausel vorformulierte Einwilligung in Telefonwerbung hält der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht stand und ist unwirsam,
wenn sie so allgemein gehalten ist, dass sie "interessante Angebote" aus jedem Waren- und Dienstleistungsbereich erfasst, nicht in einem konkreten
Bezug steht (etwa zu einem Gewinnspiel) sowie ihrer Formulierung nach nicht nur Geltung für den Verwender sondern auch für "Dritte und Partnerunternehmen" hat und
damit die Bewerbung aller möglichen Waren und Dienstleistungen durch einen nicht überschaubaren Kreis von Unternehmen erlaubt.
Eine solche Klausel verstößt zudem in der Regel gegen das Tranzparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen
nach Treu und Glauben verpflichtet ist, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen, damit
dieser sich bei Vertragsschluss hinreichend über die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen klar werden kann.
3. Die Unangemessenheit einer vorformulierten Einwilligungserklärung in Telefonwerbung wird nicht dadurch ausgeräumt, dass sie jederzeit widerruflich ist, da
damit die Initiative zur Wiederherstellung der ungestörten Privatsphäre in unzulässiger Weise auf den Betroffenen verlagert wird
(BGH, Urteil vom 16.03.1999 - Az. XI ZR 76/ 98; BGH, Urteil vom 24.03.1999 - Az. IV ZR 90/ 98).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 14.06.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1973
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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