Rechtsprechung
LG Berlin, Urteil vom 24.06.2008 - 16 O 894/07
"Versand nach: Europäische Union" - Die fehlende, aber erforderliche Angabe von Auslands-Versandkosten stellt grundsätzlich eine erhebliche Wettbewerbsverletzung dar. Zur Frage, ob die Verlinkung auf eine externe Grafikdatei der Einhaltung der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten genügt.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BGB 312c Abs. 1; PAngV § 1 Abs. 2 Satz 2; BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 8, Nr. 10
Leitsätze:*1. Nach §§ 1 Abs. 2 Satz 2 PangV, 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV sind zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten der Höhe
nach anzugeben. Wird die Versendung in die gesamte Europäische Union angeboten, werden aber nur die konkreten
Versandkosten für einige EU-Länder (hier: Deutschland, Österreich oder Dänemark) genannt, liegt grundsätzlich ein
Verstoß gegen diese Vorschriften vor.
2. Wird der Versand ins Ausland (hier: Europäische Union) angeboten und erklärt sich der Unternehmer insoweit lieferbereit, liegt
im Fehlen der Angabe der Auslands-Versandkosten grundsätzlich eine wettbewerbserhebliche Informationspflicht
(§§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 312c Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV, § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV). Dies gilt
vor allem dann, wenn gezielt mit einem Versand ins Ausland geworben und das Angebot entsprechend ausgerichtet wird
(hier: durch Eingabe von "Versand nach: Europäische Union" im Rahmen von eBay), aber lediglich nur Versandkosten einiger
Zielstaaten angegeben werden, eine gewisse Marktbedeutung des Händlers vorliegt und der Auslandsumsatz nicht nur völlig
unbedeutend ist (Abgrenzung zu: KG Berlin, Urteil vom 07.09.2007 -
Az. 5 W 266/07 = MIR 2007, Dok. 370).
3. Nach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV muss der Unternehmer dem Verbraucher vor Abgabe
der Vertragserklärung klare und verständliche Informationen zum Bestehen oder Nichtbestehen eines
Widerrufs- oder eines anstelle dessen eingeräumten Rückgaberechts sowie über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung,
insbesondere über Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des
Widerrufs oder der Rückgabe zur Verfügung stellen.
4. Die Verlinkung auf eine externe Grafikdatei, in der die fernbsatzrechtlich erforderlichen Informationen wiedergegeben werden, genügt den gesetzlichen Anforderungen von § 312c Abs. 1 BGB nicht. Denn hierdurch wird nicht sichergestellt, dass der in der Grafikdatei niedergelegte Text plattformübergreifend (etwa unabhängig
vom verwendeten Browsertyp) abrufbar ist. Das gilt insbesondere bei der Nutzung von mobilen Zugangsmöglichkeiten, wie einem
WAP-Portal (hier: von eBay - vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.11.2006 - Az. 6 W 203/06 =
MIR 2007, Dok. 393).
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Inhalt einer verlinkten Grafikdatei jederzeit geändert werden kann, ohne dass
dies dem Verbraucher bewusst bzw. sichtbar sein muss, da etwa die Suchfunktion eines Internet-Browsers nicht den Inhalt
von Grafikdateien erfassen und auch die Möglichkeit eines Ausdrucks aufgrund mangelhafter Lesbarkeit o.ä. eingeschränkt sein kann.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 15.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1719
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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