Kurz notiert
Landgericht München I
Amazon.de - Gutscheine und Gutschein-Restguthaben dürfen nicht nach einem Jahr verfallen - Verbraucherinteresse an langer Gültigkeit des Guthabens überwiegt.
LG München I, Urteil vom 05.04.2007 - Az. 12 O 22084/06
MIR 2007, Dok. 156, Rz. 1
1
Zur Sache
Wer in seinen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" (AGB) von gesetzlichen Bestimmungen erheblich abweicht, riskiert damit, dass die Bestimmungen nicht mehr verwendet werden dürfen.
Dies musste nun der Internetversandhändler "Amazon.de" erfahren, der auch Geschenkgutscheine zum Warenbezug bei sich vertreibt und in seinen AGB regelt, dass diese generell 1 Jahr ab Ausstellungsdatum gültig sind und auch Restguthaben ab dem Verfallsdatum nicht mehr verwendet werden können.
Gegen diese Bestimmungen hatte die "Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V." eine sogenannte Unterlassungsklage beim Landgericht München I eingereicht.
Entscheidung des Gerichts: 1-Jahr-Verfallklausel für Gutscheine unwirksam
Die auf derartige Verfahren spezialisierte 12. Zivilkammer des Landgerichts München I entschied über diese Klage mit Urteil vom 05.04.2007 und gab der Verbraucherzentrale Recht. Der Versandhändler darf nach dem Urteil diese Bedingungen gegenüber Verbrauchern nicht mehr verwenden und sich auch nicht mehr auf diese Klauseln berufen. Gegen die Entscheidung können allerdings noch Rechtsmittel eingelegt werden.
Verfall von Gutschein-Restguthaben binnen eines Jahres unzulässige und unangemessene Abweichung von den Verjährungsvorschriften
Das Gericht stellte zunächst fest, dass mit dem Verfall des Gutscheins bzw. des Restguthabens innerhalb eines Jahres ab Ausstellungsdatum von den gesetzlichen Bestimmungen zur Verjährung abgewichen wird. Nach den gesetzlichen Bestimmungen würde der Anspruch aus dem Gutschein nämlich erst nach drei Jahren verjähren.
Diese Abweichung ist nach Ansicht der 12. Zivilkammer unangemessen. Das Hauptargument des Versandhändlers diesbezüglich überzeugte das Gericht nicht. "Amazon.de" hatte ausgeführt, dass durch die lange Verwaltung der Gutscheinkonten und die notwendige Bilanzierung der Gutscheine ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstünde, der durch die zeitliche Begrenzung eingeschränkt werden solle.
Verwaltung von Gutscheinkonten kein unzumutbarer Aufwand
Diesen erheblichen Aufwand konnte das Gericht allerdings nicht sehen. Nachdem ohnehin ein Großteil der Gutscheine innerhalb der ersten Monate eingelöst würde, sei ein unzumutbarer Aufwand für den Versandhändler nicht ersichtlich. Auch gehe es nicht an, dass "Amazon.de" einerseits Zinsen aus den noch nicht eingelösten Beträgen ziehen kann und andererseits dann von den verfallenen Beträgen profitiert.
Interesse der Verbraucher an langer Gültigkeit von Gutscheinen überwiegt
Es überwiegen nach Ansicht der Kammer daher die Interessen der Verbraucher an einer möglichst langen Gültigkeit der Gutscheine. Diese Interessenabwägung führt zu einer Unwirksamkeit der AGB.
Das Urteil ist am 24.04.2007 noch nicht rechtskräftig.
(tg) - Quelle: PM Nr. 31/07 des LG München I vom 24.04.2007
Wer in seinen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" (AGB) von gesetzlichen Bestimmungen erheblich abweicht, riskiert damit, dass die Bestimmungen nicht mehr verwendet werden dürfen.
Dies musste nun der Internetversandhändler "Amazon.de" erfahren, der auch Geschenkgutscheine zum Warenbezug bei sich vertreibt und in seinen AGB regelt, dass diese generell 1 Jahr ab Ausstellungsdatum gültig sind und auch Restguthaben ab dem Verfallsdatum nicht mehr verwendet werden können.
Gegen diese Bestimmungen hatte die "Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V." eine sogenannte Unterlassungsklage beim Landgericht München I eingereicht.
Entscheidung des Gerichts: 1-Jahr-Verfallklausel für Gutscheine unwirksam
Die auf derartige Verfahren spezialisierte 12. Zivilkammer des Landgerichts München I entschied über diese Klage mit Urteil vom 05.04.2007 und gab der Verbraucherzentrale Recht. Der Versandhändler darf nach dem Urteil diese Bedingungen gegenüber Verbrauchern nicht mehr verwenden und sich auch nicht mehr auf diese Klauseln berufen. Gegen die Entscheidung können allerdings noch Rechtsmittel eingelegt werden.
Verfall von Gutschein-Restguthaben binnen eines Jahres unzulässige und unangemessene Abweichung von den Verjährungsvorschriften
Das Gericht stellte zunächst fest, dass mit dem Verfall des Gutscheins bzw. des Restguthabens innerhalb eines Jahres ab Ausstellungsdatum von den gesetzlichen Bestimmungen zur Verjährung abgewichen wird. Nach den gesetzlichen Bestimmungen würde der Anspruch aus dem Gutschein nämlich erst nach drei Jahren verjähren.
Diese Abweichung ist nach Ansicht der 12. Zivilkammer unangemessen. Das Hauptargument des Versandhändlers diesbezüglich überzeugte das Gericht nicht. "Amazon.de" hatte ausgeführt, dass durch die lange Verwaltung der Gutscheinkonten und die notwendige Bilanzierung der Gutscheine ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstünde, der durch die zeitliche Begrenzung eingeschränkt werden solle.
Verwaltung von Gutscheinkonten kein unzumutbarer Aufwand
Diesen erheblichen Aufwand konnte das Gericht allerdings nicht sehen. Nachdem ohnehin ein Großteil der Gutscheine innerhalb der ersten Monate eingelöst würde, sei ein unzumutbarer Aufwand für den Versandhändler nicht ersichtlich. Auch gehe es nicht an, dass "Amazon.de" einerseits Zinsen aus den noch nicht eingelösten Beträgen ziehen kann und andererseits dann von den verfallenen Beträgen profitiert.
Interesse der Verbraucher an langer Gültigkeit von Gutscheinen überwiegt
Es überwiegen nach Ansicht der Kammer daher die Interessen der Verbraucher an einer möglichst langen Gültigkeit der Gutscheine. Diese Interessenabwägung führt zu einer Unwirksamkeit der AGB.
Das Urteil ist am 24.04.2007 noch nicht rechtskräftig.
(tg) - Quelle: PM Nr. 31/07 des LG München I vom 24.04.2007
Online seit: 24.04.2007
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