Rechtsprechung
LG Hamburg, Urteil vom 5.04.2007 - Az. 327 O 699/06
Mitstörerhaftung des Admin-C - Die Registrierung als administrativer Ansprechpartner ist ein kausaler und willentlicher Beitrag zu dem Angebot und den Inhalten auf einer Internetseite.
UWG §§ 3, 4 Nr 11, 8 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 2 Satz 1; § 264 Abs. 4 StGB; § 32 ZPO
Leitsätze:*1. Als Mitstörer ist grundsätzlich jeder anzusehen, der zu der in Rede stehenden
wettbewerbswidrigen Handlung willentlich einen kausalen Beitrag leistet, vorausgesetzt,
dass der als Mitstörer in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit besaß,
die Handlung zu verhindern. Der Umfang der Prüfungspflichtcn richtet sich danach,
ob und inwieweit dem in Anspruch Genommen eine Prüfung zuzumuten ist.
2. Die Registrierung als administrativer Ansprechpartner ist ein kausaler Beitrag
zu dem Angebot und den Inhalten auf einer Internetseite, da die Benennung eines Admin-C mit Wohnsitz
in Deutschland gegenüber der DENIC (hier: bei einem ausländischen Domaininhaber) zwingend
notwendig für die Registrierung der Domain ist.
3. Der Admin-C einer Domain kann einen Wettbewerbsverstoß (hier: Bewerbung verbotener Glückspiele eines
ausländischen Anbieters unter einer .de-Domain) dadurch unterbinden, dass er
sich nicht als Admin-C registrieren lässt oder diese Registrierung löst. Insoweit
leistet der Admin-C auch einen willentlichen Ursachenbeitrag, da es ihm durch seine Registrierung
als Admin-C gerade darauf ankommt, das Betreiben der Seite zu ermöglichen.
4. Nach Ziffer VIII der Domain-Richtlinien der DENIC ist der Admin-C die vom Domaininhaber
benannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und verpflichtet ist,
sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden. Er ist danach befugt,
sämtliche Entscheidungen zu treffen. Die Bedeutung des Admin-C geht daher über die Rolle eines
bloßen Vermittlers hinaus. Da die DENIC-Domain-Richtlinie nicht zwischen dem Inhalt der
Seiten und dem Domainnamen unterscheidet, bestehen auch Prüfungspflichten in Bezug auf den
in die Internetseite eingestellten Inhalt.
5. Auch die Tatsache, dass sich ein Admin-C für einen große Anzahl von Domain und damit für eine
große Zahl von unter dieser Domain hinterlegten Internetseiten zur Verfügung stellt,
befreit ihn nicht von seiner Verantwortung.
Es ist vielmehr die Aufgabe des Beklagten sicherzustellen, dass er seine Pflichten wahrnehmen kann,
indem er beispielsweise die Zahl der Domains beschränkt um den Grad seines Prüfungsaufwandes zu dezimieren.
Hierdurch werden dem Admin-C auch nicht unbillig zu weitgehende Prüfungspflichten auferlegt,
da er etwa mittels vertraglicher Abreden mit dem Domaininhaber sein Haftungsrisiko beschränken kann (z.B.
Freistellung im Innenverhältnis oder entsprechend dem Haftungsrisiko hohe Vergütungen).
MIR 2007, Dok. 154
Ein besonderer Dank für die Mitteilung der Entscheidung gilt Herrn RA Dr. Bahr, Hamburg (www.dr-bahr.com).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 22.04.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/656
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 26.04.2018 - I ZR 248/16, MIR 2018, Dok. 059
Sattelunterseite II - Zur Frage der Sichtbarkeit eines Bauelements (hier: Fahrradsattel) eines komplexen Erzeugnisses (hier: Fahrrad) bei seiner bestimmungsgemäßen Verwendung
BGH, Urteil vom 15.06.2023 - I ZB 31/20 , MIR 2023, Dok. 057
Zustellung einer Beschlussverfügung - Für die Zustellung einer im Beschlusswege erwirkten einstweiligen Verfügung genügt die Übermittlung einer vom Gericht beglaubigten Abschrift des Eilrechtstitels
BGH, Urteil vom 21.02.2019 - III ZR 115/18, MIR 2020, Dok. 008
Autocomplete-Funktion - Kein Anspruch eines Unternehmers gegen Google auf Unterlassung der Verknüpfung seines Namens mit dem Begriff "bankrott" in Suchergänzungsvorschlag
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2023, Dok. 030
Werbeblocker II - Keine unlautere zielgerichtete Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG und keine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne von § 4a Abs. 1 UWG durch das Angebot einer Werbeblocker-Software (hier: Adblock Plus)
BGH, Urteil vom 19.04.2018 - I ZR 154/16, MIR 2018, Dok. 044