Rechtsprechung
OLG Schleswig, Urteil vom 23.01.2007 - Az. 6 U 65/06
Neuwagenwerbung im Internet - Eine gesonderte, nicht im Endpreis enthaltene Ausweisung von Überführungskosten stellt einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV dar und ist wettbewerbswidrig.
PAngV § 1 Abs. 1 S.1; UWG § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1
Leitsätze:*1. Die Preisangabenverordnung stellt eine Marktverhaltensregelung zum Schutze der
Verbraucher im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Die Preisangaben sollen durch eine
sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und
Preisklarheit gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die
Stellung der Verbraucher gegenüber den Unternehmen stärken und fördern.
2. Für die Frage, welcher Endpreis anzugeben ist, kommt es auf die Verkehrsauffassung an.
Bei einer Werbung für Neuwagen im Internet verstehen die angesprochenen Verkehrskreise
eine Werbung mit Preisangabe im Falle eines zu überführenden Autos als Endpreis
einschließlich der Überführungskosten. Denn Kosten für Fracht, Umrüstung und TÜV-Vorführung
sind bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine zusätzlichen Kosten,
wenn sie in der Regel anfallen (vgl. BGH GRUR 1983, 443; Urteil vom 16.12.1982 – 1 ZR
155/80 – Rn. 28, 31 bei JURIS). Eine gesonderte, nicht im Endpreis enthaltene Ausweisung
von Überführungskosten, also solcher Beträge, die für die Überführung vom Hersteller zu
demjenigen Autohändler in Rechnung gestellt werden, bei dem sich der Kunde das Fahrzeug abholt, ist unzulässig.
3. Etwas anderes kann nur gelten, wenn es sich bei den im Anzeigentext erwähnten Überführungskosten
um solche Beträge handeln würde, deren Anfall nicht von vornherein feststeht, d.h. um fakultative Kosten deren Anfall und Höhe nicht vorhergesagt werden können.
MIR 2007, Dok. 124
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.04.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/626
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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