Rechtsprechung // Markenrecht
BGH, Urteil vom 14.07.2022 - I ZR 121/21
Google-Drittauskunft - Zum Umfang der Auskunftspflichten von Verletzern von Kennzeichenrechten und bestimmten Dritten
MarkenG § 19 Abs. 1 und 3; Richtlinie 2004/48/EG Art. 8 Abs. 1 und 2
Leitsätze:*1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 MarkenG auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung besteht der Anspruch gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG unbeschadet von § 19 Abs. 1 MarkenG auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte. Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG) und die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG).
2.
a) Der Umfang der Auskunftspflichten von Verletzern von Kennzeichenrechten und bestimmten Dritten über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG beschränkt sich auf die in § 19 Abs. 3 MarkenG ausdrücklich genannten Angaben. Davon wird die Angabe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung einer Werbeanzeige im Internet nicht erfasst.
b) Die Regelung des § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG bezieht die Auskunftspflicht nicht auf Werbemittel und damit nicht auf die Anzahl der Klicks auf eine rechtsverletzende Internetanzeige, mit denen die Internetseite des Bestellers der Anzeige aufgerufen wurde. § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG kann auch nicht analog auf rechtsverletzende Werbemittel angewendet werden.
c) Der Auskunftsanspruch gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG bezieht sich auf die Preise für rechtsverletzende Dienstleistungen, nicht jedoch auf die Preise für Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, die für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzt worden sind. Es besteht daher kein Anspruch auf Auskunft über den Preis, den der Besteller für eine rechtsverletzende Internetanzeige bezahlt hat.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 18.10.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3222
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 19.05.2022 - I ZR 69/21, MIR 2022, Dok. 045
Saints Row - Der Internet-Anschlussinhaber ist nicht dazu verpflichtet, den Rechtsinhaber vorgerichtlich über den ihm bekannten Täter einer Urheberrechtsverletzung aufzuklären
BGH, Urteil vom 17.12.2020 - I ZR 228/19, MIR 2021, Dok. 020
YouTube-Drittauskunft II - Der Auskunftsanspruch über "Namen und Anschrift" im Sinne des § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG schließt die Auskunft über E-Mail-Adressen und Telefonnummern nicht ein und umfasst keine IP-Adressen
BGH, Urteil vom 10.12.2020 - I ZR 153/17, MIR 2021, Dok. 002
Hohenloher Landschwein - Der Schutz geografischer Herkunftsangaben als Kollektivmarken nach dem MarkenG besteht neben dem Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen nach VO (EU) Nr. 1151/2012
BGH, Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 163/19, MIR 2021, Dok. 078
test.net - Zur Irreführung durch die Verwendung der Domain "test.net" für die Veröffentlichung algorithmusbasierter Produktvergleiche und die Bezeichnung dieser Vergleiche als "Tests"
OLG Köln, Urteil vom 30.10.2020 - 6 U 136/19, MIR 2021, Dok. 011