Rechtsprechung // Zivilrecht
BGH, Versaumnisurteil vom 27.11.2024 - VIII ZR 155/23
Qualifiziert elektronisch signiertes elektronisches Dokument muss prüffähig übermittelt werden - Zum Zugang einer in einem qualifiziert elektronisch signierten elektronischen Dokument enthaltenen Willenserklärung
BGB §§ 126 Abs. 1, Abs. 3, 126a Abs. 1, § 568 Abs. 1; ZPO § 130e, 173 Abs. 2, Abs. 4
Leitsätze:*1. Bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist es auch für die elektronische Form zur Wahrung der Form nicht ausreichend, dass die Willenserklärung formgerecht abgegeben wurde; diese muss dem Erklärungsgegner vielmehr auch in der entsprechenden Form zugehen. Für den Zugang einer in einem qualifiziert elektronisch signierten elektronischen Dokument enthaltenen Willenserklärung ist es daher erforderlich, dass dieses Dokument so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden und damit die Echtheit des Dokuments prüfen kann.
2. Diese Voraussetzungen sind in dem Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 130e ZPO am 17. Juli 2024 erfüllt, wenn in einem Zivilprozess ein elektronischer Schriftsatz mit einer gültigen qualifizierten elektronischen Signatur, der eine empfangsbedürftige Willenserklärung enthält, vom Gericht unter Aufrechterhaltung der elektronischen Signatur elektronisch an den Empfänger der Willenserklärung weitergeleitet wird.
3. Die Übermittlung eines Ausdrucks eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen elektronischen Dokuments unter Beifügung eines Transfervermerks im Sinne des § 298 Abs. 3 ZPO bewirkt keinen wirksamen Zugang der in dem Dokument enthaltenen Willenserklärung beim Erklärungsgegner (mit Verweis auf: BGH, Urteil vom 27.11.2024 - VIII ZR 159/23).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 13.01.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3438
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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