Rechtsprechung
LG Mannheim, Urteil vom 23.02.2007 - Az. 7 O 276/06
Schadenersatz wegen unberechtigter Schutzrechts-Abmahnung? - Zur Abgrenzung von Schutzrechtsverwarnung und Berechtigungsanfrage
BGB § 823 Abs. 1
Leitsätze:*1. Eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung kann unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs
in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB den Verwarnenden zum Schadensersatz verpflichten, denn
die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung stellt einen derartigen rechtswidrigen Eingriff in den einge-richteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb des Verwarnten dar.
2. Die Schutzrechtsverwarnung ist allerdings von der bloßen Berechtigungsanfrage abzugrenzen. Während die Berechtigungsanfrage
eine Einladung an die Gegenseite darstellt, in einen Gedankenaustausch über die Frage der Verletzung und des Rechtsbestandes einzutreten,
setzt die Schutzrechtsverwarnung zumindest voraus, dass ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren ausgesprochen wird
(st. Rspr. BGHZ 38, 200, 203 f. - Kindernähmaschinen; BGH, Urt. v. 19.01.1979 - I ZR 166/76, GRUR 1979, 332, 333 f. -
Brombeerleuchte; Urt. v. 23.02.1995 - I ZR 15/93, GRUR 1995, 424, 425 - Abnehmerverwarnung; Urt. v. 10.07.1997 - I ZR 42/95,
GRUR 1997, 896 ff. - MeckiIgel III; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 143, 144; vgl. auch ausführlich: Kammer, Urt. v. 7.4.2006 - 7
O 47/06, Umdruck S. 7 ff.).
3. Kann einem Schreiben des Schutzrechtsinhabers an den vermeintlichen Verletzer ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren
nicht entnommen werden, liegt regelmäßig lediglich eine Berechtigungsanfrage vor, die einen Anspruch des Adressaten auf Schadenersatz
aus dem Aspekt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht begründen kann (hier: Der beklagte
Schutzrechtsinhaber teilte dem Kläger lediglich seine Rechtsansicht mit, das der Kläger in das Schutzrecht eingreife und forderte
unter Fristsetzung zur Mitteilung darüber auf, aus welchen Gründen der Kläger sich für berechtigt halte, dass Schutzrecht
nicht beachten zu müssen.).
MIR 2007, Dok. 106
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 20.03.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/608
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 02.05.2024 - I ZR 12/23, MIR 2024, Dok. 046
Prüfpflichten eines Hotelbewertungsportals - Die Rüge des Bewerteten, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, reicht grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen
BGH, Urteil vom 09.08.2022 - VI ZR 1244/20, MIR 2022, Dok. 063
Sandalenmodell - Entbehrlichkeit der Abmahnung, wenn mit dem Verfügungsantrag ein Sequestrationsantrag gestellt wird
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 14.04.2020 - 6 W 31/20, MIR 2020, Dok. 055
Hängepartie? - Bundesgerichtshof überprüft "Hängebeschluss" des OLG Düsseldorf in Sachen Facebook (wegen der Verarbeitung und Verwendung von Nutzerdaten)
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 093
Abmahnaktion II - Zur Prüfung des Vorliegens der missbräuchlichen Rechtsverfolgung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG durch eine Abmahntätigkeit
BGH, Urteil vom 26.04.2018 - I ZR 248/16, MIR 2018, Dok. 059