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LG Köln, Urteil vom 8.02.2007 - Az. 31 O 439/06
AIDU und AIDA - Der markenrechtliche Schutz ist begrenzt auf die Nutzung einer Kennzeichnung für Dienstleistungen, die infolge ihrer Ähnlichkeit zu den von der Marke erfassten Dienstleistungen zu einer Verwechslungsgefahr führen können. Eine weitergehende Untersagung, etwa im Wege der gänzlichen Löschung einer Domain, ist dagegen nicht begründbar.
MarkenG § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2, § 26 Abs. 3
Leitsätze:*1. Wird eine Marke stets deutlich gegenüber Zusätzen hervorgehoben, so dass der Verkehr sie durchaus als eigenständige
Kennzeichnung wahrnimmt, liegt keine abweichende Nutzung im Sinne des § 26 Abs. 3 MarkenG vor.
2. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei besteht
eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Unterscheidungskraft der prioritätsälteren
Kennzeichnung, der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen.
So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen
und/oder eine besondere Bekanntheit der älteren Marke ausgeglichen werden, während umgekehrt ein höherer Grad der Ähnlichkeit der
Zeichen erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Angreifermarke nur schwach und/oder der Waren- bzw. Dienstleistungsabstand
größer ist (vgl. BGH GRUR 1999, 245, 246 - "LIBERO"; GRUR 1999, 995, 997 - "HONKA"; WRP 2000, 529, 531 - "ARD 1"; WRP 2000, 535, 538
f. "ATTACHÉ/TISSERAND").
3. Im Falle hochgradiger Zeichenähnlichkeit sind sonderlich hohe Anforderungen an die Dienstleistungsähnlichkeit nicht erforderlich.
Liegt neben der Zeichenähnlichkeit auch eine hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit vor, ist schon bei normaler Kennzeichnungskraft
der (verletzten) klägerischen Marke eine Verwechslungsgefahr unzweifelhaft.
4. Der markenrechtliche Schutz ist begrenzt auf die Nutzung einer Kennzeichnung für Dienstleistungen, die
infolge ihrer Ähnlichkeit zu den von der Marke erfassten Dienstleistungen zu einer Verwechslungsgefahr führen können. Ein weitergehende
Untersagung, etwa im Wege der gänzlichen Löschung einer Domain, ist dagegen nicht begründbar. Denn wird die Domain etwa für unähnliche
Dienstleistungen genutzt oder gar als inhaltsleere Homepage, läge mangels einer Verwechslungsgefahr keine rechtsverletzende Nutzung vor.
5. Eine sog. Tippfehlerdomain liegt nicht vor, wenn man sich auf der Tastatur nicht vertippen kann (hier: im Verhältnis zwischen "...A"
und "...U" jeweils am Ende der kollidierenden Zeichen ). Denn dann lässt sich aus diesem Aspekt und unter dem Gesichtspunkt der
Zuordnungsverwirrung oder einer unlauteren Nutzung der Domain das Begehren des Rechteinhabers nach Löschung der Domain nicht begründen.
MIR 2007, Dok. 098
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 14.03.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/600
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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