Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Schleswig, Urteil vom 12.08.2025 - 6 UKl 3/25
Meta KI-Training - Wartet ein Verbraucherschutzverband nach der Ankündigung einer verbraucherschutzwidrigen Praktik mit dem Verfügungsantrag bis zu deren Beginn, kann dies dringlichkeitsschädlich sein
UKlaG §§ 2, 3, 5, 6, 12a; UWG § 12 Abs. 1; DSGVO Art. 6, 9, 79; Verordnung (EU) 1215/2012 Art. 7
Leitsätze:*1. Der Verfügungsgrund ist eine besondere Form des Rechtsschutzinteresses und damit als Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Soweit § 12 Abs. 1 UWG entsprechend anwendbar ist, begründet er die Vermutung der Dringlichkeit. Hat der Verfügungsbeklagte die Vermutung der Dringlichkeit widerlegt, obliegt es dem Verfügungskläger die Dringlichkeit darzulegen und glaubhaft zu machen.
2. Der Grund für das Erfordernis des Erlasses einer einstweiligen Verfügung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit seinen besonderen Prozessvorschriften gem. §§ 935, 916 ff. ZPO im Gegensatz zu einem regulären Klageverfahren ist grundsätzlich das Vorliegen einer besonderen Eilbedürftigkeit für den Anspruchsteller. Durch die Regelungen des einstweiligen Rechtsschutzes in der ZPO wird gewährleistet, dass Betroffene in Deutschland bei bestehender Dringlichkeit einen wirksamen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 79 DSGVO gegen den Verantwortlichen geltend machen können. Der einstweilige Rechtsschutz dient dabei dazu, faktische, nur schwer rückgängig zu machende Verletzungen zeitgerecht abwenden zu können (EuGH, Urteil vom 19.06.1990, Rs. C-213/89; EuGH, Urteil vom 09.11.1995 - Rs. C-465/93).
3. Es ist dringlichkeitsschädlich im Sinne von § 12 UWG i.V.m. Art. 5 UKlaG, wenn ein Verbraucherschutzverband nach der Ankündigung einer verbraucherschutzwidrigen Praktik mit der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes bis zum Beginn des beanstandeten Verhaltens wartet. Eine Dringlichkeit ist jedenfalls dann nicht mehr gegeben, wenn zwischen der Ankündigung und dem Beginn des Verhaltens mehr als ein Monat liegt und ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor Beginn des Verhaltens möglich gewesen wäre.
MIR 2025, Dok. 062
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 08.09.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3496
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
EuGH, Urteil vom 26.09.2024 - C‑330/23, MIR 2024, Dok. 077
EuGH-Vorlage zum Vertrieb von Arzneimitteln über eine Internet-Verkaufsplattform (Amazon) - Verfolgung eines DSGVO-Verstoßes durch Mitbewerber und Gesundheitsdaten beim Internetvertrieb von (nur) apothekenpflichtigen Medikamenten
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 005
BLESSED - In der Benutzung des Schriftzugs BLESSED auf einem Hoddie liegt ohne Weiteres keine markenmäßige Benutzung
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.06.2022 - 6 U 40/22, MIR 2022, Dok. 065
"Abonnieren" ist nicht "zahlungspflichtig bestellen" - Bestellbuttons für werbefreie Nutzung bei Facebook und Instagram nicht eindeutig genug
Oberlandesgericht Düsseldorf, MIR 2024, Dok. 015
Staatsferne der Presse - Verstoß gegen Marktverhaltensregelung durch kostenlose Verteilung eines kommunalen "Stadtblatts"
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 058