Rechtsprechung // Markenrecht
BGH, Urteil vom 22.02.2024 - I ZR 217/22
PIERRE CARDIN - Zum Anspruch auf Urteilsbekanntmachung nach § 19c Satz 1 MarkenG (insbesondere zum Anwendungsbereich und Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit)
MarkenG § 19c Satz 1
Leitsätze:*a. Die Vorschrift des § 19c Satz 1 MarkenG gewährt der obsiegenden Partei nicht nur bei Unterlassungsklagen, sondern auch bei Klagen auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung einen Anspruch auf Urteilsbekanntmachung.
b. Der Begriff des "berechtigten Interesses" gemäß § 19c Satz 1 MarkenG ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass die der obsiegenden Partei zu Gebote stehende Befugnis zur Urteilsbekanntmachung unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht.
c. In die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist der Zeitablauf seit den markenrechtsverletzenden Handlungen einzustellen, weil Zweck der Urteilsbekanntmachung auch die Beseitigung fortwirkender Störungen ist. Daneben sind weitere Umstände zu berücksichtigen wie die durch den Vertrieb markenrechtsverletzender Ware verursachte Marktverwirrung, Art und Umfang der Verletzung, die öffentlichkeitswirksame Werbung für markenrechtsverletzende Produkte, die Art des Vertriebs, die Bekanntheit der Marke und der Grad des Verschuldens des Verletzers.
d. Da die Veröffentlichung von in Verfahren wegen Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums ergangenen Gerichtsentscheidungen auch das Ziel hat, künftige Verletzer abzuschrecken und zur Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit beizutragen, sind im Rahmen einer unionsrechtskonformen Anwendung von § 19c MarkenG auch generalpräventive Aspekte in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 21.03.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3355
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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