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Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht



OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.04.2024 - 6 W 84/22

Relevantes Verkehrsverständnis - Es liegt kein kerngleicher Verstoß gegen einen Unterlassungstitel vor, wenn die Voraussetzungen für ein Verbot der neuerlichen Handlung nicht Gegenstand des Erlasses waren

UWG § 5; ZPO § 809

Leitsätze:*

1. Die Zuordnung von neuerlichen als kerngleich verletzend beanstandeten Handlungen zum Kernbereich eines Verbots scheidet aus, wenn Voraussetzungen, unter denen die neuerlichen Handlungen zu verbieten wären, nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung bei Erlass des Verbots gewesen sind oder nicht gewesen sein können (Anschluss an BGH, Beschluss vom 6.2.2013 - I ZB 79/11, Rn 14, 18).

2. Ist ein Verbot gemäß § 5 UWG auf das Verständnis der allgemeinen Verkehrskreise gestützt und richten sich die als kerngleich beanstandeten Handlungen ausschließlich an einen Teil der allgemeinen Verkehrskreise (hier fremdsprachige Verkehrskreise in Deutschland), bei dem nicht ohne weiteres dieselbe Relevanz der irreführenden Angaben für die geschäftliche Entscheidung unterstellt werden kann, scheidet ein kerngleicher Verstoß aus.

3. Wie Angaben verstanden werden und ob sie von Relevanz für die geschäftliche Entscheidung sind, ist nach dem Verständnis der Personenkreise zu bestimmen, an die sie sich richten und die irrigen Vorstellungen und deren Relevanz für die geschäftliche Entscheidung müssen bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise vorliegen (vgl. BGH, vom 07.07.2011 - I ZR 173/09 - 10 % Geburtstags-Rabatt; BGH, Urteil vom 18.10.2012 - I ZR 137/11 - Steuerbüro; BGH, Urteil vom 10.03.2014 - I ZR 43/13 – nickelfrei). Dabei ist zu beachten, dass das Verkehrsverständnis innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise nicht überall gleich sein muss. Das gilt vor allem für Unterschiede bei dem Verständnis regional geprägter Begrifflichkeiten. Liegen Irreführung und Bedeutung für die geschäftliche Relevanz nur nach dem regional begrenzten Verkehrsverständnis vor, kann ein Verbot trotzdem ausgeschlossen sein, wenn sich die angegriffenen Angaben ohne regionale Beschränkung an das allgemeine Publikum richten und die die Bewohner der betreffenden Region bezogen auf das gesamte Bundesgebiet keinen erheblichen Teil der Verbraucher darstellen.

MIR 2024, Dok. 048


Anm. der Redaktiion: Leitsätze 1 und 2 sind die Leitsätze des Gerichts.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 06.06.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3377

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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