Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 06.05.2021 - I ZR 167/20
Vorsicht Falle - Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteils unter seiner namentlichen Nennung
UWG § 4 Nr. 1
Leitsätze:*1. Im Rahmen von § 4 Nr. 1 UWG kann eine beeinträchtigende wahre Tatsachenbehauptung umso eher zulässig sein, je nützlicher die Information für die Adressaten ist oder je mehr aus anderen Gründen ein berechtigtes Informationsinteresse oder hinreichender Anlass für die Kritik besteht und je sachlicher die Kritik präsentiert wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2011 - I ZR 147/09 - Coaching-Newsletter; BGH, 31.03.2016 - I ZR 160/14 - Im Immobiliensumpf; BGH, Urteil vom 01.03.2018 - I ZR 264/16 - Verkürzter Versorgungsweg II). Dabei sind wahre Tatsachenbehauptungen, bei denen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zugleich zu eigennützigen wettbewerblichen Zwecken eingesetzt wird, mit Blick auf das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb allerdings strenger zu bewerten als Äußerungen, die nicht den lauterkeitsrechtlichen Verhaltensanforderungen, sondern lediglich dem allgemeinen Deliktsrecht unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2011 - I ZR 147/09 - Coaching-Newsletter; BGH, 31.03.2016 - I ZR 160/14 - Im Immobiliensumpf; BGH, Urteil vom 17.12.2015 - I ZR 219/13 - Dr. Estrich; BGH, Urteil vom 01.03.2018 - I ZR 264/16 - Verkürzter Versorgungsweg II).
2. Ein hinreichender Anlass für die Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteils unter seiner namentlichen Nennung kann bestehen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise ein schutzwürdiges Interesse an der Information über die untersagten unlauteren Geschäftsmethoden des Mitbewerbers haben und eine Aufklärung angezeigt ist, um sonst drohende Nachteile bei geschäftlichen Entscheidungen von ihnen abzuwenden.
3. Eine Anspruchsberechtigung des Mitbewerbers im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG besteht nicht mehr, wenn er die unternehmerische Tätigkeit, die seine Anspruchsberechtigung im Zeitpunkt der Verletzungshandlung begründet hatte, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aufgegeben hat (BGH, Urteil vom 10.03.2016 - I ZR 183/14 - Stirnlampen; BGH, Urteil vom 28.11.2019 - I ZR 23/19, MIR 2020, Dok. 012 - Pflichten des Batterieherstellers; BGH, Urteil vom 21.01.2021 - I ZR 17/18, MIR 2021, Dok. 028 - Berechtigte Gegenabmahnung). Zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung der in § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG geregelten Anspruchsberechtigung reicht es für ein konkretes Wettbewerbsverhältnis nicht aus, dass der (frühere) Mitbewerber in einem solchen Fall immerhin noch als mindestens potentieller Wettbewerber auf dem Markt anzusehen ist (BGH, Urteil vom 28.11.2019 - I ZR 23/19, MIR 2020, Dok. 012 - Pflichten des Batterieherstellers).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 19.07.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3099
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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