Rechtsprechung // Urheberrecht
BGH, Urteil vom 10.11.2022 - I ZR 10/22
rakuten.de - Online-Marktplätze, die den Handel mit urheberrechtlich vergütungspflichtigen Geräten und Speichermedien ermöglichen, sind keine Schuldner der Gerätevergütung im Sinne von § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 und 2 UrhG
Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5; UrhG § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 und 2, § 54f Abs. 1
Leitsätze:*1.
a) Händler im Sinne des § 54b Abs. 1 UrhG ist, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert, also Kaufverträge über diese Produkte abschließt.
b) Es ist mit Blick auf die aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG folgende Ergebnispflicht bei der Gewährung des gerechten Ausgleichs für die Anfertigung von privaten Vervielfältigungen nicht geboten, Online-Marktplätze, die die Vermittlung von Kaufverträgen über vergütungspflichtige Geräte und Speichermedien ermöglichen, in den Kreis der Schuldner der Gerätevergütung (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 und 2 UrhG) aufzunehmen.
c) Die analoge Anwendung des § 54b Abs. 1 UrhG auf Internet-Marktplätze kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht.
2. Soweit die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gegenüber im Ausland ansässigen Händlern, die auf einer Online-Plattform Produkte anbieten erschwert sein mag, geht die Ergebnispflicht der Mitgliedstaaten (vgl. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG) indes nicht so weit, dass sie sicherstellen müssten, dass die Urheber die Gerätevergütung gegenüber einem im Inland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können. Vielmehr genügt es, wenn die Urheber die Gerätevergütung gegenüber einem im Ausland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können, der die Geräte ins Inland eingeführt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 07.01.2016 - I ZR 155/14 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 16.06.2011 - C‑462/09 - Stichting de Thuiskopie).
3. Eine, durch die Vielzahl auf einer Online-Plattform tätigen Händler und die Vielzahl der insoweit zu recherchierenden Angebote, erschwerte Durchsetzung der Ansprüche auf Gerätevergütung als nicht unzumutbar einzuordnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Erfordernis, bei der Durchsetzung verfolgter Vergütungsansprüche aufgrund einer Vielzahl von Händlern und Angeboten einen erhöhten Aufwand betreiben zu müssen, steht die Ergebnispflicht nicht entgegen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.03.2023
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3262
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 20.12.2018 - I ZR 104/17, MIR 2019, Dok. 005
Kein Schadenersatz bei markenrechtswidriger Verwendung des ÖKO-TEST Labels - Verzichtet der Inhaber eines Schutzrechts auf dessen monetäre Verwertung, entsteht ihm durch dessen rechtswidrige Nutzung kein Schaden
OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2020 - I-20 U 152/16, MIR 2020, Dok. 099
Social-Media-Marketing - Zur Kennzeichnungspflicht von werblichen Beiträgen bei #Instagram
KG Berlin, Beschluss vom 17.10.2017 - 5 W 233/17, MIR 2018, Dok. 002
Knuspermüsli II - In Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation ist die Unlauterkeit allein nach § 5a Abs. 2 und 4 UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 143/19, MIR 2022, Dok. 049
Keyword-Advertising - Verwendung und Angebot eines Unternehmenskennzeichens durch eine Internet-Suchmaschine als Keyword für (Werbe-) Anzeigen Dritter
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.11.2022 - 6 U 301/21, MIR 2022, Dok. 097