Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 24.09.2020 - I ZR 169/17
Verfügbare Telefonnummer - Die Nichtangabe einer (verfügbaren) Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist geeignet die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen
UWG §§ 3a, 5a Abs. 2; BGB § 312g Abs. 1, §§ 355, § 312d Abs. 1 Satz 1; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 in Verbindung mit Anlage 1 EGBGB
Leitsätze:*1.
a) Die in § 312d BGB und Art. 246a EGBGB enthaltenen Regelungen über die Informationen, die die Unternehmer den Verbrauchern in Fällen zu geben haben, in denen diesen ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zusteht, stellen dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF (§ 3a UWG) dar.
b) Eine Telefonnummer ist verfügbar und daher von einem Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen in einer Widerrufsbelehrung anzugeben, wenn sie dergestalt auf der Website des Unternehmers zu finden ist, dass einem Durchschnittsverbraucher suggeriert wird, dass der Unternehmer diese Telefonnummer für seine Kontakte mit Verbrauchern nutzt.
2. Den Unternehmer, der geltend macht, dass der Verbraucher - abweichend vom Regelfall - eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und dass das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann, trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Der Verbraucher wird eine wesentliche Information im Allgemeinen für eine informierte Kaufentscheidung benötigen. Ebenso wird, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich davon auszugehen sein, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte (BGH, Urteil vom 31.10.2018 - I ZR 73/17, MIR 2018, Dok. 054 – Jogginghosen).
3. Die Nichtangabe einer (verfügbaren) Telefonnummer in der dem Verbraucher zu erteilenden Widerrufsbelehrung ist geeignet, diesen glauben zu machen, er könne sein Widerrufsrecht nicht fernmündlich ausüben, und ihn daher von der Ausübung dieses Rechts abzuhalten. Eine solche Nichtangabe ist geeignet die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 09.12.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3031
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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