Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 13.10.2020 - VIII ZR 25/19
EUR 2.500,00 pro AGB-Klausel - Im Verbandsprozess erfolgt grundsätzlich keine vom Regelbeschwerdewert abweichende Bemessung der Beschwer für die Revisionszulassung
ZPO § 3; UKlaG § 1
Leitsätze:*1. Der Streitwert und die Beschwer in Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) richtet sich regelmäßig nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung einer gesetzwidrigen AGB-Bestimmung, nicht hingegen nach der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselverbots. Auf diese Weise sollen Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken geschützt werden (BGH, Beschlüsse vom 05.02.2019 - VIII ZR 277/17; BGH, Beschluss vom 19.01.2017 - III ZR 296/16; BGH, Beschluss vom 05.02.2015 - I ZR 106/14). Diese Erwägungen gelten nicht nur für die Beschwer des unterliegenden Verbraucherschutzverbands, sondern auch für die Beschwer des unterliegenden Klauselverwenders (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 05.02. 2019 - VIII ZR 277/17; BGH, Beschluss vom 19.01.2017 - III ZR 296/16). Bei einer gegen die Verwendung von AGB-Bestimmungen gerichteten Verbandsklage ist dabei regelmäßig von einem Streitwert und einer Beschwer von EUR 2.500,00 je angegriffener Teilklausel auszugehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2019 - VIII ZR 263/18; BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 - VIII ZR 147/17). Dabei ist es allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 05.02.2019 - VIII ZR 277/17; BGH, Beschluss vom 10.04.2018 - VIII ZR 247/17; BGH, Beschluss vom 27.02.2018 - VIII ZR 147/17; BGH, Beschluss vom 07.05. 2015 - I ZR 108/14; BGH, Beschluss vom 05.02.2015 - I ZR 106/14; BGH, Beschluss vom 19.01.2017 - III ZR 296/16; BGH, Beschluss vom 10.12.2013 - XI ZR 405/12).
2.
a) Da sich bei Verbandsprozessen nach §§ 1, 4 UKlaG der Streitwert und die Beschwer der Parteien regelmäßig nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der beanstandeten AGB-Bestimmung richtet, kommt weder der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselwerks oder der betroffenen Klauseln ein maßgebliches Gewicht zu noch dem Zugang zum Revisionsgericht (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. September 2012 - IV ZR 208/11, NJW 2013, 875 Rn. 20; vom 24. März 2020 - XI ZR 516/18, NJW-RR 2020, 1055 Rn. 5).
b) Eine von dem Regelbeschwerdewert (2.500 € pro beanstandeter Klausel) abweichende Bemessung der Beschwer folgt daher nicht schon daraus, dass ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird, der - wäre die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig - zu der Zulassung der Revision führen könnte.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 14.11.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3023
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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