Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Beschluss vom 17.10.2019 - I ZB 19/19
Rückruf- und Beseitigungspflichten im Rahmen der Unterlassungshaftung
ZPO §§ 890 Abs. 1, 935; UWG § 8 Abs. 1
Leitsätze:*Das in einem Unterlassungstitel enthaltene Verbot verpflichtet den Schuldner außer zum Unterlassen weiterer Vertriebshandlungen auch dazu, aktiv Maßnahmen zu ergreifen (hier: den Weitervertrieb der rechtsverletzend aufgemachten Produkte verhindern). Diese Handlungspflicht des Schuldners beschränkt sich allerdings darauf, im Rahmen des Möglichen, Erforderlichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken. Zudem gelten bei der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung im Unterschied zur Vollstreckung eines Titels aus einem Hauptsacheverfahren Beschränkungen, die sich aus der Eigenart des Verfügungsverfahrens und aus den engen Voraussetzungen für die Vorwegnahme der Hauptsache sowie aus den im Verfügungsverfahren eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten des Antragsgegners ergeben (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 11.10.2017 - I ZB 96/16, MIR 2018, Dok. 022; zu allem ausführlich ebenda).
Das Gericht sah sich zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht veranlasst. Im Streitfall stelle sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten wäre. Es unterliege keinen unionsrechtlichen Zweifeln, dass die Annahme von Handlungspflichten im Rahmen des nach Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 2005/29/EG vorzusehenden Unterlassungsanspruchs ein geeignetes und wirksames Mittel zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken im Sinne des Art. 11 Abs. 1 dieser Richtlinie sowie eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion im Sinne des Art. 13 Satz 2 dieser Richtlinie darstellt.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.02.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2948
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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