Rechtsprechung // Verfahrensrecht
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 14.04.2020 - 6 W 31/20
Sandalenmodell - Entbehrlichkeit der Abmahnung, wenn mit dem Verfügungsantrag ein Sequestrationsantrag gestellt wird
ZPO §§ 93, 99 Abs. 2
Leitsätze:*1. Wenn neben anderen Ansprüchen (hier: Designrecht) mit dem Eilantrag auch ein auf die Sicherung eines Vernichtungsanspruchs gerichteter Sequestrationsantrag gestellt wird, liefe eine vorherige Abmahnung dem Zweck der Sequestrationsanordnung zuwider, da sie dem Antragsgegner Zeit und Gelegenheit gäbe, diejenigen Maßnahmen zur Beiseiteschaffung der Verletzungsgegenstände zu ergreifen, die mit der einstweiligen Verfügung gerade unterbunden werden sollen.
2. Die vor Einreichung eines Eilantrages im Kosteninteresse des Antragsgegners in der Regel erforderliche Abmahnung ist entbehrlich, wenn neben anderen Ansprüchen mit dem Eilantrag auch ein auf die Sicherung eines Vernichtungsanspruchs gerichteter Sequestrationsantrag gestellt wird (hier: Herausgabe von Schuhen an den Gerichtsvollzieher).
3. Wird die Sequestrationsanordnung erlassen und lediglich Kostenwiderspruch eingelegt, kann die sachliche Berechtigung der Anordnung im Beschwerdeverfahren nicht mehr überprüft werden.
4. Um der Gefahr einer missbräuchlichen Geltendmachung des Sequestrationsanspruchs zu begegnen, kann im Einzelfall eine Prüfung notwendig sein, ob ein schützenswertes Sicherungsinteresse für die Sequestration tatsächlich bestand. Das kann zu verneinen sein, wenn die beantragte Sequestration später nicht vollzogen wird. In solchen Fällen ist zu verlangen, dass der Antragsteller schlüssig darlegt, wieso auf die Sequestration verzichtet wurde (so schon OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.8.2013, 11 W 12/13).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 30.06.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2996
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 038
Keine Einschränkung des Gerichtsstands des Begehungsortes bei E-Mail-Werbung - § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG erfasst keine Handlungen, die durch Zusendung einer individuellen (Werbe-) E-Mail oder deren Inhalt begangen werden
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2022 - I-20 U 105/21, MIR 2022, Dok. 019
Ein-Euro- und Brötchen-Gutscheine beim Arzneimittelkauf - Gewährung von (auch geringwertigen) Werbegaben durch Apotheken unzulässig
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 020
muenchen.de - Zur (wettbewerbsrechtlichen) Zulässigkeit eines durch eine Kommune betriebenen Stadtportals, insbesondere mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse
BGH, Urteil vom 13.07.2023 - I ZR 152/21, MIR 2023, Dok. 053
Online-Matratzenkauf - Fragen zum Widerrufsrecht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 043