Kurz notiert // Äußerungsrecht
Bundesgerichtshof
Bewertungsdarstellung von Yelp zulässig - Gewerbetreibende müssen Kritik an ihren Leistungen und deren öffentliche Erörterung grundsätzlich hinnehmen
BGH, Urteil vom 14.01.2020 - VI ZR 496/18; Vorinstanzen: OLG München, Urteil vom 13.11.2018 - 18 U 1282/16; LG München I, Urteil vom 12.02.2016 – 25 O 24646/14
MIR 2020, Dok. 004, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.01.2020 (VI ZR 496/18) zur Darstellung von Nutzerbewertungen auf der Internet-Bewertungsplattform "Yelp" Stellung genommen. Diese sei in der beurteilten Form indes zulässig und weder unter dem Aspekt der Kreditgefährdung (§ 824 Abs. 1 BGB) noch eines Eingriffs in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht oder in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) zu beanstanden.
Zur Sache:
Die Klägerin nimmt wegen der Darstellung ihrer Bewertungen auf der Internetplattform "Yelp" dessen Betreiber auf Unterlassung, Feststellung und Schadensersatz in Anspruch.
Auf "Yelp" können angemeldete Nutzer Unternehmen durch die Vergabe von einem bis zu fünf Sternen und einen Text bewerten. Das Internetportal zeigt alle Nutzerbeiträge an und stuft sie ohne manuelle Kontrolle durch eine Software automatisiert und tagesaktuell entweder als "empfohlen" oder als "(momentan) nicht empfohlen" ein. Bei Aufruf eines Unternehmens werden mit dessen Bezeichnung und Darstellung bis zu fünf Sterne angezeigt, die dem Durchschnitt der Vergabe in den "empfohlenen" Nutzerbeiträgen entsprechen (Bewertungsdurchschnitt). Unmittelbar daneben steht "(Anzahl) Beiträge". Unter der Darstellung des Unternehmens ist eine entsprechende Anzahl von Bewertungen - überschrieben mit "Empfohlene Beiträge für (Unternehmen)" - jeweils mit den vergebenen Sternen und dem Text wiedergegeben. Am Ende dieser Wiedergabe steht "(Anzahl) andere Beiträge, die momentan nicht empfohlen werden". Nach Anklicken der daneben befindlichen Schaltfläche wird folgender Text angezeigt:
Die Klägerin betreibt ein Fitness-Studio, zu dem das Bewertungsportal am 10.02.2014 aufgrund eines empfohlenen Beitrags vom 07.02.2014 drei Sterne und 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen als momentan nicht empfohlen anzeigte.
Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge angezeigt worden sei. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite für das Fitness-Studio eine Gesamtbewertung oder eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, in die Beiträge (Bewertungen), die von Nutzern der vorgenannten Internetseite abgegeben worden waren und welche die Beklagte als "momentan nicht empfohlen" wertet, nicht einbezogen werden. Außerdem hat das Oberlandesgericht die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz entstandenen sowie noch entstehenden Schadens festgestellt und die Beklagte zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten verurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Keine Behauptung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen - keine Kreditgefährdung
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederhergestellt. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ergäben sich nicht aus § 824 Abs. 1 BGB. Die Beklagte habe keine unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts äußere die Beklagte mit der angegriffenen Bewertungsdarstellung nicht, dass es sich bei dem angezeigten Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitness-Studio abgegebenen Beiträge handele und dass der danebenstehende Text deren Anzahl wiedergebe. Denn der unvoreingenommene und verständige Nutzer des Bewertungsportals entnehme der Bewertungsdarstellung zunächst, wie viele Beiträge die Grundlage für die Durchschnittsberechnung bildeten, und schließt daraus weiter, dass Grundlage für die Durchschnittsberechnung ausschließlich der "empfohlene" Beitrag sei sowie dass sich die Angabe der Anzahl nur darauf bezieht.
Kritik und dessen öffentliche Erörterung ist hinzunehmen - Kein rechtswidrige Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Die Bewertungsdarstellung der Beklagten greife auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin überwiegen nach Ansicht des Gerichts nicht die schutzwürdigen Belange der Beklagten. Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als "empfohlen" oder "nicht empfohlen" seien durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt; ein Gewerbetreibender müsse Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.
(tg) - Quelle: OM Nr. 007/2020 des BGH vom 14.01.2019
Zur Sache:
Die Klägerin nimmt wegen der Darstellung ihrer Bewertungen auf der Internetplattform "Yelp" dessen Betreiber auf Unterlassung, Feststellung und Schadensersatz in Anspruch.
Auf "Yelp" können angemeldete Nutzer Unternehmen durch die Vergabe von einem bis zu fünf Sternen und einen Text bewerten. Das Internetportal zeigt alle Nutzerbeiträge an und stuft sie ohne manuelle Kontrolle durch eine Software automatisiert und tagesaktuell entweder als "empfohlen" oder als "(momentan) nicht empfohlen" ein. Bei Aufruf eines Unternehmens werden mit dessen Bezeichnung und Darstellung bis zu fünf Sterne angezeigt, die dem Durchschnitt der Vergabe in den "empfohlenen" Nutzerbeiträgen entsprechen (Bewertungsdurchschnitt). Unmittelbar daneben steht "(Anzahl) Beiträge". Unter der Darstellung des Unternehmens ist eine entsprechende Anzahl von Bewertungen - überschrieben mit "Empfohlene Beiträge für (Unternehmen)" - jeweils mit den vergebenen Sternen und dem Text wiedergegeben. Am Ende dieser Wiedergabe steht "(Anzahl) andere Beiträge, die momentan nicht empfohlen werden". Nach Anklicken der daneben befindlichen Schaltfläche wird folgender Text angezeigt:
"Was sind empfohlene Beiträge?Darunter befindet sich die Überschrift "(Anzahl) Beiträge für (Unternehmen) werden momentan nicht empfohlen" mit dem nachfolgenden "Hinweis: Die Beiträge unten werden nicht in der gesamten Sternchen-Bewertung für das Geschäft berücksichtigt." Danach folgt die Wiedergabe der nicht empfohlenen Beiträge.
Unsere User veröffentlichen auf Yelp Millionen von Beiträgen. Aus diesem Grund benutzen wir eine automatisierte Software um die hilfreichsten Beiträge hervorzuheben. Diese Software zieht mehrere Faktoren in Betracht, wie z.B. die Qualität, die Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Users auf Yelp. Dieser Vorgang ist gleich für alle Geschäftsauflistungen und hat nichts damit zu tun ob ein Unternehmen ein Anzeigenkunde bei uns ist oder nicht. Die Beiträge die nicht direkt auf der Geschäftsseite hervorgehoben und auch nicht in die Gesamtbewertung einberechnet werden sind aber unten aufgeführt. Hier mehr darüber erfahren."
Die Klägerin betreibt ein Fitness-Studio, zu dem das Bewertungsportal am 10.02.2014 aufgrund eines empfohlenen Beitrags vom 07.02.2014 drei Sterne und 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen als momentan nicht empfohlen anzeigte.
Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge angezeigt worden sei. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite für das Fitness-Studio eine Gesamtbewertung oder eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, in die Beiträge (Bewertungen), die von Nutzern der vorgenannten Internetseite abgegeben worden waren und welche die Beklagte als "momentan nicht empfohlen" wertet, nicht einbezogen werden. Außerdem hat das Oberlandesgericht die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz entstandenen sowie noch entstehenden Schadens festgestellt und die Beklagte zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten verurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Keine Behauptung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen - keine Kreditgefährdung
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederhergestellt. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ergäben sich nicht aus § 824 Abs. 1 BGB. Die Beklagte habe keine unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts äußere die Beklagte mit der angegriffenen Bewertungsdarstellung nicht, dass es sich bei dem angezeigten Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitness-Studio abgegebenen Beiträge handele und dass der danebenstehende Text deren Anzahl wiedergebe. Denn der unvoreingenommene und verständige Nutzer des Bewertungsportals entnehme der Bewertungsdarstellung zunächst, wie viele Beiträge die Grundlage für die Durchschnittsberechnung bildeten, und schließt daraus weiter, dass Grundlage für die Durchschnittsberechnung ausschließlich der "empfohlene" Beitrag sei sowie dass sich die Angabe der Anzahl nur darauf bezieht.
Kritik und dessen öffentliche Erörterung ist hinzunehmen - Kein rechtswidrige Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Die Bewertungsdarstellung der Beklagten greife auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin überwiegen nach Ansicht des Gerichts nicht die schutzwürdigen Belange der Beklagten. Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als "empfohlen" oder "nicht empfohlen" seien durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt; ein Gewerbetreibender müsse Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.
(tg) - Quelle: OM Nr. 007/2020 des BGH vom 14.01.2019
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 14.01.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2945
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