Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Bundesgerichtshof
Gaststättenrecht anwendbar - Sonntagsverkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit angeschlossenem Cafébetrieb zulässig
BGH, Urteil vom 17.10.2019 - I ZR 44/19; Vorinstanzen: LG München II, Urteil vom 20.04.2018 - 12 O 4218/17; OLG München, Urteil vom 14.02.2019 - 6 U 2188/18
MIR 2019, Dok. 029, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 17.10.2019 (I ZR 44/19) entschieden, dass der Verkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb an Sonntagen auch außerhalb der Ladenschlusszeiten zulässig ist.
Zur Sache:
Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in ihren Filialen in München. Sie veräußerte in zwei Filialen an Sonntagen über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen. In einer anderen Bäckerei-Verkaufsstelle wurden an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale), meint, die Beklagte habe damit nach § 3a UWG unlauter gehandelt, weil sie gegen § 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenschlussgesetzes sowie § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Berufungsgericht habe hinsichtlich des Verkaufs in der Bäckerei-Verkaufsstelle am Pfingstmontag zu Recht angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe schon nicht dargetan, dass die Beklagte die Verkaufsstelle selbst betreibt oder von einem Beauftragten betreiben lässt und somit für diesen Verkauf verantwortlich ist. Hinsichtlich des Sonntagsverkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat sich der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts, diese Verkäufe seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes erlaubt gewesen, gebilligt.
Gaststättenrecht anwendbar
Bei diesen Filialen handele es sich um Gaststättengewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibt, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Anwendung des Gaststättenrechts stehe nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibt. Es komme nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstellt.
Essfertig gemachte Lebensmittel - Brötchen und Brote sind zubereitete Speisen
Die von der Beklagten im Café verabreichten Brötchen und Brote dürften nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes außerhalb der gaststättenrechtlichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden. Nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handele es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel. Diese werden in den Cafés der Beklagten verabreicht. Dass die Beklagte das Brot im Café in geschnittener Form anbietet, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußert, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegen, ändere an dieser Beurteilung nichts. Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetze, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, kommt es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liege zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen darf, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon durfte die Beklagte aber im Blick auf Art und Menge der bei den beanstandeten Verkäufen abgegebenen Backwaren ausgehen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 135/2019 des BGH vom 17.10.2019
Zur Sache:
Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in ihren Filialen in München. Sie veräußerte in zwei Filialen an Sonntagen über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen. In einer anderen Bäckerei-Verkaufsstelle wurden an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale), meint, die Beklagte habe damit nach § 3a UWG unlauter gehandelt, weil sie gegen § 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenschlussgesetzes sowie § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Berufungsgericht habe hinsichtlich des Verkaufs in der Bäckerei-Verkaufsstelle am Pfingstmontag zu Recht angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe schon nicht dargetan, dass die Beklagte die Verkaufsstelle selbst betreibt oder von einem Beauftragten betreiben lässt und somit für diesen Verkauf verantwortlich ist. Hinsichtlich des Sonntagsverkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat sich der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts, diese Verkäufe seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes erlaubt gewesen, gebilligt.
Gaststättenrecht anwendbar
Bei diesen Filialen handele es sich um Gaststättengewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibt, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Anwendung des Gaststättenrechts stehe nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibt. Es komme nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstellt.
Essfertig gemachte Lebensmittel - Brötchen und Brote sind zubereitete Speisen
Die von der Beklagten im Café verabreichten Brötchen und Brote dürften nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes außerhalb der gaststättenrechtlichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden. Nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handele es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel. Diese werden in den Cafés der Beklagten verabreicht. Dass die Beklagte das Brot im Café in geschnittener Form anbietet, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußert, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegen, ändere an dieser Beurteilung nichts. Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetze, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, kommt es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liege zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen darf, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon durfte die Beklagte aber im Blick auf Art und Menge der bei den beanstandeten Verkäufen abgegebenen Backwaren ausgehen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 135/2019 des BGH vom 17.10.2019
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 17.10.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2934
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