Kurz notiert // Telekommunikationsrecht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Netzneutralität verletzt - Vorläufiges Aus für "StreamOn" bestätigt
OVG NRW, Beschluss vom 12.07.2019 - 13 B 1734/18; Vorinstanz: (VG Köln, 20.11.2018 - 1 L 253/18)
MIR 2019, Dok. 023, Rz. 1
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Die Telekom Deutschland GmbH darf das von ihr angebotene Produkt "StreamOn" in der bisherigen Form vorläufig nicht weiterbetreiben. Dies hat das OVG für das Land Nordrhein-Westfalen in einem durch die Telekom Deutschland GmbH gegen die Bundesnetzagentur angestrengten Eilverfahren mit Beschluss vom 12.07.2019 (13 B 1734/18) entschieden. Die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln (1 L 253/18) wurde damit bestätigt.
Zur Sache:
Bei "StreamOn" handelt es sich um ein kostenloses Zusatzangebot für Mobilfunk-Kunden der Telekom. Bei Buchung wird der Datenverkehr für Audio- und Videostreaming sogenannter Contentpartner der Antragstellerin nicht auf das mit dem Mobilfunktarif vertraglich vereinbarte Inklusivdatenvolumen angerechnet. Für bestimmte Mobilfunktarife willigt der Kunde allerdings in eine generelle Bandbreitenbegrenzung für Videostreaming auf maximal 1,7 Mbit/s ein, was für eine Auflösung in HD-Qualität nicht mehr genügt. Eine Nutzung von "StreamOn" ist zudem nur innerhalb Deutschlands vorgesehen. Im Ausland wird der Datenverkehr für Audio- und Videostreaming immer auf das Inklusivdatenvolumen angerechnet.
Die Bundesnetzagentur ist der Auffassung, dass "StreamOn" gegen den europarechtlich verankerten Grundsatz der Netzneutralität sowie gegen europäische Roaming-Regelungen verstoße, und untersagte die Fortführung von "StreamOn" in der (im Verfahren maßgeblichen) derzeitigen konkreten Ausgestaltung. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte einen hiergegen gerichteten Eilantrag der Antragstellerin ab. Das OVG NRW (13. Senat) wies auch die Beschwerde der Antragstellerin, der Telekom, zurück.
Entscheidung des OVG NRW: Verstoß gegen Verpflichtung zur Gleichbehandlung allen Datenverkehrs - Netzneutralität verletzt
Der Grundsatz der Netzneutralität verpflichte die Anbieter von Internetzugangsdiensten zur Gleichbehandlung allen Datenverkehrs, so das OVG. Hiergegen werde verstoßen, wenn die Übertragungsgeschwindigkeit für Videostreaming gegenüber anderen Diensten oder Anwendungen gezielt gedrosselt werde. Da der Grundsatz der Neutralität ein grundlegendes Funktionsprinzip des Internets zugunsten sämtlicher Nutzer schütze, sei es auch unerheblich, ob der Kunde mit der Buchung von "StreamOn" in die Drosselung eingewilligt habe.
Verstoß gegen Roaming-Regeln
Außerdem sei es nach europäischen Roaming-Regeln verboten, für Roaming-Dienste im europäischen Ausland ein zusätzliches Entgelt gegenüber dem inländischen Endkundenpreis zu verlangen. Die Antragstellerin verletze dieses Verbot, soweit sie den Datenverkehr für Audio- und Videostreaming bei Nutzung im europäischen Ausland abweichend zu einer Nutzung im Inland auf das Inklusivdatenvolumen anrechne. Für den Kunden bestehe damit bei Nutzung im europäischen Ausland ein ungünstigerer Entgeltmechanismus.
Da die Entscheidung der Bundesnetzagentur aus diesen Gründen voraussichtlich rechtmäßig sei, könne sie auch bereits vor einer endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vollzogen werden. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(tg) - Quelle: PM des OVG NRW vom 15.07.2019
Zur Sache:
Bei "StreamOn" handelt es sich um ein kostenloses Zusatzangebot für Mobilfunk-Kunden der Telekom. Bei Buchung wird der Datenverkehr für Audio- und Videostreaming sogenannter Contentpartner der Antragstellerin nicht auf das mit dem Mobilfunktarif vertraglich vereinbarte Inklusivdatenvolumen angerechnet. Für bestimmte Mobilfunktarife willigt der Kunde allerdings in eine generelle Bandbreitenbegrenzung für Videostreaming auf maximal 1,7 Mbit/s ein, was für eine Auflösung in HD-Qualität nicht mehr genügt. Eine Nutzung von "StreamOn" ist zudem nur innerhalb Deutschlands vorgesehen. Im Ausland wird der Datenverkehr für Audio- und Videostreaming immer auf das Inklusivdatenvolumen angerechnet.
Die Bundesnetzagentur ist der Auffassung, dass "StreamOn" gegen den europarechtlich verankerten Grundsatz der Netzneutralität sowie gegen europäische Roaming-Regelungen verstoße, und untersagte die Fortführung von "StreamOn" in der (im Verfahren maßgeblichen) derzeitigen konkreten Ausgestaltung. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte einen hiergegen gerichteten Eilantrag der Antragstellerin ab. Das OVG NRW (13. Senat) wies auch die Beschwerde der Antragstellerin, der Telekom, zurück.
Entscheidung des OVG NRW: Verstoß gegen Verpflichtung zur Gleichbehandlung allen Datenverkehrs - Netzneutralität verletzt
Der Grundsatz der Netzneutralität verpflichte die Anbieter von Internetzugangsdiensten zur Gleichbehandlung allen Datenverkehrs, so das OVG. Hiergegen werde verstoßen, wenn die Übertragungsgeschwindigkeit für Videostreaming gegenüber anderen Diensten oder Anwendungen gezielt gedrosselt werde. Da der Grundsatz der Neutralität ein grundlegendes Funktionsprinzip des Internets zugunsten sämtlicher Nutzer schütze, sei es auch unerheblich, ob der Kunde mit der Buchung von "StreamOn" in die Drosselung eingewilligt habe.
Verstoß gegen Roaming-Regeln
Außerdem sei es nach europäischen Roaming-Regeln verboten, für Roaming-Dienste im europäischen Ausland ein zusätzliches Entgelt gegenüber dem inländischen Endkundenpreis zu verlangen. Die Antragstellerin verletze dieses Verbot, soweit sie den Datenverkehr für Audio- und Videostreaming bei Nutzung im europäischen Ausland abweichend zu einer Nutzung im Inland auf das Inklusivdatenvolumen anrechne. Für den Kunden bestehe damit bei Nutzung im europäischen Ausland ein ungünstigerer Entgeltmechanismus.
Da die Entscheidung der Bundesnetzagentur aus diesen Gründen voraussichtlich rechtmäßig sei, könne sie auch bereits vor einer endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vollzogen werden. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(tg) - Quelle: PM des OVG NRW vom 15.07.2019
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 16.07.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2928
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