Rechtsprechung
LG Bonn, Urteil vom 11.04.2006 - Az. 11 O 9/06
Zu den Anforderungen an die Darstellung von Koppelungsangeboten (hier in einem Werbeprospekt). Ist bei einem Koppelungsangebot für Telefongeräte der Fußnotentext nicht deutlich lesbar, in dem sich Angaben zu Preisbestandteilen befinden, liegt hierin ein Verstoß gegen §§ 3, 5 Abs. 2 S.1 Nr.2, 4 Nr. 4 UWG.
Leitsatz (amtl.):
Ist bei einem Koppelungsangebot für Telefongeräte der Fußnotentext nicht deutlich lesbar, in dem sich Angaben zu Preisbestandteilen befinden, verstößt
das gegen §§ 3, 5 Abs. 2 S.1 Nr.2, 4 Nr. 4 UWG.
ergänzende Leitsätze (tg):
1. Die - im Rahmen von Koppelungsangeboten - gemachten Preisangaben sind unvollständig, wenn nicht gleichzeitig die weiteren Preisbestandteile so
dargestellt werden, dass sie dem blickfangmäßig herausgestellten Preis eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sind
(best. BGH Urteil vom 2.06.2005 - Az. I ZR 252/05 - Aktivierungskosten II).
2. Insbesondere bei der Bewerbung von Handys haben sich Koppelungsangebote derart eingebürgert, dass jeder durchschnittlich und situationsadäquat
aufmerksame Verbraucher weiß, dass ihm für das Gerät ein subventionierter Preis angeboten wird und der tatsächlich zu zahlende Preis im Kleingedruckten
zu finden ist. Gibt es einen kleingedruckten Teil des Prospekts (hier in Fußnoten), drängt sich dem Prospektbenutzer auf, dass er dort nachlesen muss,
wenn er erfahren will, was die hochgestellten Ziffern hinter den Angebotspreisen (hier in magentafarbenen Quadraten) aussagen sollen.
3. Der Anforderung deutlicher Lesbarkeit an einen Fußnotentext kann nicht dadurch genügt werden, dass der Leser bei überdurchschnittlicher
Aufmerksamkeit die Buchstaben des Fußnotentextes entziffern kann. Denn Lesen ist außer der durch die Augen vermittleten Wahrnehmung ein kognitiver
Prozess. Leichte Lesbarkeit erfordert damit die einfache Durchführbarkeit des kognitiven Prozesses des Lesens in Form der Erfassung
der Zusammenhänge und ihrer Bedeutung.
4. Wird ein Fußnotentext - im Rahmen der Erläuterungen eines Koppelungsangebots - in einer geringen Größe von Einzelzeichen und mit geringem Abstand
zwischen Wörtern und Zeilen dargestellt, wird der einfache Lesevorgang erschwert und es werden, z.B. durch fehlerhaften Zeilenwechsel,
Deutungsprobleme hervorgerufen.
5. Ist in einem Werbeprospekt die Blickfangwerbung mit dem Preis der Ware (hier eines Telefongerätes) bzw. eines erheblichen Preisnachlasses in
Übergröße und der erläuternde Fußnotentext in Minigröße dargestellt, kann hierin eine Irreführung des Prospektbenutzers liegen, da er
nicht hinreichend einfach in die Lage versetzt wird, sich über den Endpreis zu informieren.
6. Jedenfalls wenn relevante Preisbestandteile eines Koppelungsangebotes in so kleinen Druck gesetzt sind, dass der Text nicht deutlich lesbar ist,
werden die Bedingungen für die Inanspruchnahme des blickfangmäßig beworbenen Preisvorteils nicht klar und eindeutig angegeben und es liegt ein Verstoß
gegen § 4 Nr. 4 UWG vor.
MIR 2006, Dok. 072
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 22.05.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/287
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