Rechtsprechung // Verfahrensrecht
BGH, Beschluss vom 07.05.2015 - I ZR 108/14
Zur Beschwer bei der Revision gegen eine titulierte Unterlassungspflicht (hier: bei einer Verbandsklage)
ZPO § 3; UKlaG § 2
Leitsätze:*1. Wendet sich die beklagte Partei mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.2013 - XI ZR 405/12; BGH, Beschluss vom 05.02.2015 - I ZR 106/14).
2. Wenn Gegenstand des Rechtsstreits die Verbandsklage eines Verbraucherschutzverbandes wegen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist, wird der wirtschaftlichen Bedeutung des angegriffenen Verbots, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, um die Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.2013 - XI ZR 405/12; BGH, Beschluss vom 09.12.2014 - VIII ZR 160/14; BGH, Beschluss vom 05.02.2015 - I ZR 106/14). Nichts anderes kann aber auch dann gelten, wenn die Verbandsklage im Hinblick auf eine verbraucherschutzgesetzwidrige Praxis im Sinne von § 2 UKlaG erhoben worden ist.
3. Diese Grundsätze schließen es nicht von vornherein aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel oder einer Praxis für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel oder die Zulässigkeit einer bestimmten Praxis für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungs- fähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.2013 - XI ZR 405/12; BGH, Beschluss vom 10.12.2013 - XI ZR 405/12; BGH, Beschluss vom 05.02.2015 - I ZR 106/14).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.07.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2721
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 114/20, MIR 2021, Dok. 074
Goldhase III - Zum Markenschutz des Goldtons des "Lindt-Goldhasen"
BGH, Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 139/20, MIR 2021, Dok. 067
MO ./. MALM - Zu den Voraussetzungen eines Vorbenutzungsrechts im Designrecht
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 027
Wegfall der Wiederholungsgefahr III - Zum Wegfall der Wiederholungsgefahr, dem Wegfall deren Wegfalls durch Ablehnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" bei einem erneuten Verstoß
BGH, Versäumnisurteil vom 01.12.2022 - I ZR 144/21, MIR 2023, Dok. 002
Bierwerbung mit dem Begriff "bekömmlich" unzulässig
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 025