Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2022 - I-20 U 105/21
Keine Einschränkung des Gerichtsstands des Begehungsortes bei E-Mail-Werbung - § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG erfasst keine Handlungen, die durch Zusendung einer individuellen (Werbe-) E-Mail oder deren Inhalt begangen werden
UWG § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1
Leitsätze:*1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UWG gilt Satz 2 von § 14 Abs. 2 UWG nicht für Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien. Telemedien sind nach der Legaldefinition in § 1 TMG alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht ausschließlich Telekommunikationsdienste oder Rundfunk sind. Was im Einzelnen unter die Definition fällt, ist unklar, denn einen Katalog mit Regelbeispielen, die den Begriffshof näher konturieren, enthält § 1 TMG nicht. Typische Anwendungsfälle von Informations- und Kommunikationsdiensten, die als Telemedien zu qualifizieren sind, listet aber die Gesetzesbegründung zum Elektronischen-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz auf (BT-Drs. 16/3078, 13). Dieser kann entnommen werden, dass auch die kommerzielle Verbreitung von Informationen über Waren-/Dienstleistungsangebote mit elektronischer Post (zum Beispiel Werbe-E-Mails) als Telemediendienst anzusehen ist
2. Anders als beispielsweise bei Online-Angeboten, die von jedermann und damit auch von überall abgerufen werden können, richten sich E-Mails regelmäßig nur an einen bestimmten Kreis von Empfängern und können durch den jeweiligen Empfänger - wie bei Telefon- und Faxwerbung auch, die unzweifelhaft nicht unter den Begriff "Telemedium" fallen - jeweils nur an einem Ort empfangen werden. Regelmäßig erkennt der Empfänger einer Werbe-Mail und/oder ein Mitbewerber auch nicht ohne Weiteres, an welche anderen Empfänger sich diese richtete. Demnach steht einem potentiellen Antragsteller von vornherein auch nicht eine Vielzahl an Gerichtsständen offen. Dies rechtfertigt eine teleologische Reduktion dahingehend, dass Zuwiderhandlungen in oder mittels E-Mail nicht unter den Begriff des "Telemediums" im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 3 UWG fallen.
3. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG erfasst nicht Handlungen, die durch die Tatsache der Zusendung einer individuellen E-Mail oder deren Inhalt begangen werden.
Da die Zuständigkeit des Begehungsortes hier nach Ansicht des Gerichts nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UWG ausgeschlossen war, kam es auf die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht die vom Landgericht angenommene Zuständigkeit überprüfen kann, vorliegend nicht mehr an. Dazu u.a. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2021 - I-20 U 83/21, MIR 2021, Dok. 101.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.03.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3162
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 013
Vorwerk - Täuschung über die Identität des Anbieters eines Produkts ohne Herkunftstäuschung und Anbieterkreis eines Online-Marktplatzes als wesentliches Dienstleistungsmerkmal
BGH, Urteil vom 15.10.2020 - I ZR 210/18, MIR 2020, Dok. 083
Self-Service-Tool - Zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO durch Bereitstellung eines Selbstbedienungstools (hier 'Twitter' aka 'X')
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.07.2024 - 6 U 41/24, MIR 2024, Dok. 096
Mobile Payment - Das Erlaubniserfordernis nach § 10 Abs. 1, Satz 1 ZAG für die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen stellt eine Marktverhaltensnorm dar
OLG Köln, Urteil vom 23.12.2022 - 6 U 87/22, MIR 2023, Dok. 014
Ritter Sport - Markenschutz für quadratische Schokoladenverpackung
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 040