Kurz notiert
Landgericht München I
Neue Schlappe für Münchner Domain-Grabber - Registrieren, Anbieten und Verwenden einer eingeführten fremden Adresse kann eine vorsäzliche sittenwidrige Schädigung des bisherigen Domaininhabers gem. § 826 BGB darstellen.
Urteil des Landgerichts München I vom 04.04.2006 - Az. 33 O 15828/05
MIR 2006, Dok. 051, Rz. 1
1
Ein Münchner, dem die "Zwischennutzung" fremder bei der Registrierungsbehörde DENIC frei gewordener
Domainnamen kürzlich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren verboten worden war (betroffen war
damals die Seite einer gemeindlichen Feuerwehr, unter deren Namen plötzlich Sex-Seiten auftauchten, vgl.
LG München I, Az. 33 O 22666/05), unterlag in einem ähnlich gelagerten Fall nun auch in einem Hauptsacheverfahren
vor dem Landgericht München I.
Diesmal ging es um den Webauftritt eines Theaters, dessen Domainadresse aus ungeklärten Gründen frei und umgehend vom Beklagten für sich registriert wurde. Statt der gewohnten Hinweise auf das mehrfach prämierte Programm des Theaters erschien dort zunächst der Text: "Diese Domain steht zum Verkauf frei! Haben Sie Interesse?" Später wurden Besucher der Domain nach dem Zufallsprinzip auf verschiedene kostenpflichtige Seiten, teils mit pornografischen Inhalten, umgeleitet.
Zwar ließ sich im Prozess nicht mehr klären, ob der Beklagte bereits beim Freiwerden der Domainadresse aktiv "mitgewirkt" hatte. Die für Wettbewerbsrecht zuständige 33. Zivilkammer erachtete aber auch unabhängig hiervon das Vorgehen des Beklagten als illegal. Denn das Registrieren, Anbieten und Verwenden einer eingeführten fremden Adresse stelle eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des bisherigen Inhabers gem. § 826 BGB dar und habe daher zu unterbleiben.
Die Kammer führte im Einzelnen aus:
"Hier handelt es sich um einen besonders dreisten Fall des Domaingrabbings, zwar nicht im klassischen Sinne ( ... ), jedoch in einer mindestens ebenso rechtlich zu beanstandenden alternativen Begehungsweise: ... der Beklagte (hat) sich erkennbar den Umstand zu Nutze machen ... wollen, dass ... die Domain gerade von solchen "Interessenten" aufgerufen wird, die die Domain nur als solche des Klägers kennen.
Die Vorgehensweise des Beklagten verfolgte demnach einzig und allein das Ziel, eine bereits benutzte (und aus Sicht des Beklagten hoffentlich gut eingeführte) Domain unter Missachtung jeglicher schutzwürdiger und berechtigter Interessen des vormaligen Domaininhabers an seinem Namen und vor allem seinem guten Ruf für eigene kommerzielle Zwecke zu nutzen und dabei auch nicht davor zurückzuschrecken, über eine so erlangte Seite pornografische Inhalte ins Netz zu stellen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die konkreten Inhalte per se als sittenwidrig zu betrachten sind; allein entscheidend ist, dass niemand es hinnehmen muss, dass eine Domain, die sowohl aufgrund der konkreten Gestaltung als auch aufgrund einer bereits zuvor erfolgten jahrelangen Benutzung einer bestimmten Person bzw. einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen ist, ohne seine Zustimmung für Inhalte genutzt wird, die geeignet sind, seinen Ruf negativ zu beeinflussen.
Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die fragliche Domain letztlich aufgrund eines Versehens oder gar mittels technischer "Kniffe" des Beklagten oder sogar aufgrund einer bewussten Entscheidung des Klägers freigeworden ist. Selbst im letzteren, für den Beklagten günstigsten Fall folgt daraus nicht das Recht, eine derart freigewordene Domain (die ja nach wie vor eindeutig auf den Kläger hinweist) in der Art und Weise zu nutzen, wie es hier unstreitig geschehen ist."
(tg)
Quelle: PM 37/06 des LG München I vom 19.04.2006
Diesmal ging es um den Webauftritt eines Theaters, dessen Domainadresse aus ungeklärten Gründen frei und umgehend vom Beklagten für sich registriert wurde. Statt der gewohnten Hinweise auf das mehrfach prämierte Programm des Theaters erschien dort zunächst der Text: "Diese Domain steht zum Verkauf frei! Haben Sie Interesse?" Später wurden Besucher der Domain nach dem Zufallsprinzip auf verschiedene kostenpflichtige Seiten, teils mit pornografischen Inhalten, umgeleitet.
Zwar ließ sich im Prozess nicht mehr klären, ob der Beklagte bereits beim Freiwerden der Domainadresse aktiv "mitgewirkt" hatte. Die für Wettbewerbsrecht zuständige 33. Zivilkammer erachtete aber auch unabhängig hiervon das Vorgehen des Beklagten als illegal. Denn das Registrieren, Anbieten und Verwenden einer eingeführten fremden Adresse stelle eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des bisherigen Inhabers gem. § 826 BGB dar und habe daher zu unterbleiben.
Die Kammer führte im Einzelnen aus:
"Hier handelt es sich um einen besonders dreisten Fall des Domaingrabbings, zwar nicht im klassischen Sinne ( ... ), jedoch in einer mindestens ebenso rechtlich zu beanstandenden alternativen Begehungsweise: ... der Beklagte (hat) sich erkennbar den Umstand zu Nutze machen ... wollen, dass ... die Domain gerade von solchen "Interessenten" aufgerufen wird, die die Domain nur als solche des Klägers kennen.
Die Vorgehensweise des Beklagten verfolgte demnach einzig und allein das Ziel, eine bereits benutzte (und aus Sicht des Beklagten hoffentlich gut eingeführte) Domain unter Missachtung jeglicher schutzwürdiger und berechtigter Interessen des vormaligen Domaininhabers an seinem Namen und vor allem seinem guten Ruf für eigene kommerzielle Zwecke zu nutzen und dabei auch nicht davor zurückzuschrecken, über eine so erlangte Seite pornografische Inhalte ins Netz zu stellen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die konkreten Inhalte per se als sittenwidrig zu betrachten sind; allein entscheidend ist, dass niemand es hinnehmen muss, dass eine Domain, die sowohl aufgrund der konkreten Gestaltung als auch aufgrund einer bereits zuvor erfolgten jahrelangen Benutzung einer bestimmten Person bzw. einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen ist, ohne seine Zustimmung für Inhalte genutzt wird, die geeignet sind, seinen Ruf negativ zu beeinflussen.
Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die fragliche Domain letztlich aufgrund eines Versehens oder gar mittels technischer "Kniffe" des Beklagten oder sogar aufgrund einer bewussten Entscheidung des Klägers freigeworden ist. Selbst im letzteren, für den Beklagten günstigsten Fall folgt daraus nicht das Recht, eine derart freigewordene Domain (die ja nach wie vor eindeutig auf den Kläger hinweist) in der Art und Weise zu nutzen, wie es hier unstreitig geschehen ist."
(tg)
Quelle: PM 37/06 des LG München I vom 19.04.2006
Online seit: 19.04.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/266
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