Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 17.01.2013 - I ZR 5/12
Vitalpilze - Zum Vorliegen von gesundheitsbezogenen Angaben bei der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel (hier: getrocknetes Pilzpulver)
1.
a) Eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 liegt auch dann vor, wenn die Angabe mangels Bestimmtheit nicht zulassungsfähig im Sinne des Art. 13 Abs. 1 der Verordnung ist und daher eine unspezifische Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 3 der Verordnung darstellt.
b) Solange die Listen nach Art. 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 noch nicht erstellt sind, kann Art. 10 Abs. 3 der Verordnung nicht vollzogen werden.
c) Das Vorliegen der in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer auf spezifische Vorteile bezogenen gesundheitsbezogenen Angabe muss vom Verwender dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen werden. Auf die Übergangsregelungen in Art. 28 der Verordnung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
d) An den vom Verwender gemäß Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 zu führenden Wirksamkeitsnachweis sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an den Nachweis der Wirksamkeit eines Arzneimittels oder einer bilanzierten Diät.
2. Bei Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, deren Verletzungen geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen. (vgl. zu Art. 4 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006: BGH, Beschluss vom 13.01.2011 - I ZR 22/09 - Gurktaler Kräuterlikör; OLG Köln, LMuR 2012, 1007; OLG Hamburg, MD 2013, 39). Zwar kennt die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die nach ihrem Art. 4 innerhalb ihres Anwendungsbereichs eine vollständige Harmonisierung bezweckt, keinen dem § 4 Nr. 11 UWG entsprechenden Unlauterkeitstatbestand. Dieser Umstand steht aber der Anwendung der genannten Vorschrift nicht entgegen, weil nach Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2005/29E/EG die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten und damit insbesondere (auch) die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 davon unberührt bleiben.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 05.08.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2483
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