Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Überraschend - Wann eine Entgeltklausel für einen Eintrag in ein Internet-Branchenverzeichnis nicht Vertragsbestandteil wird.
BGH, Urteil vom 26.07.2012 - VII ZR 262/11 - Vorinstanzen: AG Recklinghausen, Urteil vom 24.05.2011 - 13 C 91/11; LG Bochum, Urteil vom 15.11.2011 - 11 S 100/11
MIR 2012, Dok. 034, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.07.2012 (VII ZR 262/11) zu der Frage entschieden, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Internet-Branchenverzeichnis nach dem Erscheinungsbild des Formulars für den Adressaten überraschend ist und deshalb nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil wird. Für die Konstellation in dem entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof diese Frage verneint.
Zur Sache
Die Klägerin unterhält ein Internet-Branchenverzeichnis. Um neue Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…" bezeichnet. In der linken Spalte dieses Formulars befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten "X" hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: "Rücksendung umgehend erbeten" und (unterstrichen) "zentrales Fax". Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.
Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift "Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)". In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: "…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr…."
Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück an die Klägerin. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte der Beklagten dafür EUR 773,50 brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Kostenpflichtiger Grundeintrag in ein Internet-Branchenverzeichnis muss nicht erwartet werden, da solche Einträge vielfach unentgeltlich angeboten werden.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin ebenfalls zurückgewiesen.
Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, werde eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall mache bereits die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage sei daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.
Wettbewerbsrechtlich hatte sich der Bundesgerichtshof (I. Senat) bereits 2011 mit der "Branchenbuch-Problematik" zu befassen (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2011 - I ZR 157/10, MIR 2011, Dok. 099 - Branchenbuch Berg).
(tg) - Quelle: PM Nr. 123/2012 vom 26.07.2012
Zur Sache
Die Klägerin unterhält ein Internet-Branchenverzeichnis. Um neue Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…" bezeichnet. In der linken Spalte dieses Formulars befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten "X" hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: "Rücksendung umgehend erbeten" und (unterstrichen) "zentrales Fax". Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.
Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift "Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)". In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: "…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr…."
Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück an die Klägerin. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte der Beklagten dafür EUR 773,50 brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Kostenpflichtiger Grundeintrag in ein Internet-Branchenverzeichnis muss nicht erwartet werden, da solche Einträge vielfach unentgeltlich angeboten werden.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin ebenfalls zurückgewiesen.
Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, werde eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall mache bereits die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage sei daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.
Wettbewerbsrechtlich hatte sich der Bundesgerichtshof (I. Senat) bereits 2011 mit der "Branchenbuch-Problematik" zu befassen (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2011 - I ZR 157/10, MIR 2011, Dok. 099 - Branchenbuch Berg).
(tg) - Quelle: PM Nr. 123/2012 vom 26.07.2012
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 26.07.2012
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2412
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