Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Informationspflichten beim Verkauf von Vorführwagen - Zum Begriff des "neuen Personenkraftwagens" im Sinne der Pkw-EnVKV.
BGH, Urteil vom 21.12.2011 - I ZR 190/10; Vorinstanzen: LG Mainz, Urteil vom 30.03.2010 - 10 HKO 80/09; OLG Koblenz, Urteil vom 13.10.2010 - 9 U 518/10
MIR 2011, Dok. 097, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.12.2011 (I ZR 190/10) entschieden, dass die Verpflichtung, in der Werbung für Neuwagen Angaben zum Kraftstoffverbrauch des angebotenen Fahrzeugs zu machen, auch für Vorführwagen gelten kann.
Zur Sache
Die Beklagte bot am 20. April 2009 auf einer Internet-Verkaufsplattform ein Fahrzeug an, das unter anderem mit "Vorführfahrzeug …, EZ 3/2009, 500 km" beschrieben war. Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen, wie sie § 1 der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) für die Werbung für "neue Personenkraftwagen" vorsieht, enthielt die Anzeige jedoch nicht.
Der Verband Sozialer Wettbewerb, der Kläger, nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch, da mit dieser Werbung ein Verstoß gegen die in § 1 Pkw-EnVKV geregelte Informationspflicht und damit zugleich ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vorliege.
Während das Landgericht Mainz der Klage stattgegeben hatte, hat das Oberlandesgericht Koblenz das erstinzanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Bei dem angebotenen Fahrzeug habe es sich nicht um einen Neuwagen gehandelt, weil es bereits als Vorführwagen im Straßenverkehr genutzt worden sei und auch schon eine Laufleistung von 500 km aufgewiesen habe.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt.
Neue Personenkraftwagen im Sinne von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV sind alle Kraftfahrzeuge, die noch nicht zu einem anderen Zweck zum Weiterverkauf oder der Auslieferung verkauft wurden.
Die Pkw-EnVKV, mit der eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt worden ist, enthalte in § 2 Nr. 1 eine eigenständige Definition des Begriffs des neuen Personenkraftwagens und fasst darunter alle "Kraftfahrzeuge …, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden". Aus diesem Grund könne nicht auf den im nationalen Recht entwickelten Begriff des Neuwagens zurückgegriffen werden, den der Bundesgerichtshof im Kaufrecht bei der Frage der zugesicherten Eigenschaft oder im Wettbewerbsrecht bei der Frage der Irreführung zugrunde legt.
Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs entscheidend - Beurteilung nach objektivierbaren Umständen entscheidend.
Die gesetzliche Definition stelle insoweit auf die Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs ab. Dabei komme es nicht auf die konkreten Vorstellungen an, die sich der Händler beim Erwerb des Fahrzeugs macht und die ohnehin kaum ermittelt werden können, so der BGH. Entscheidend seien vielmehr objektivierbare Umstände, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug alsbald verkauft werden soll, ohne dass damit eine kurzfristige Zwischennutzung im Betrieb des Händlers - etwa als Vorführwagen - ausgeschlossen wäre.
Kilometerleistung als objektiver Umstand
Als objektiven Umstand hat der Bundesgerichtshof auf die Kilometerleistung abgestellt: Bietet ein Händler ein Fahrzeug mit einer geringen Kilometerleistung (bis 1000 km) an, sei davon auszugehen, dass er dieses Fahrzeugs zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben hat. Liegt die Kilometerleistung des angebotenen Fahrzeugs darüber, spreche dies dafür, dass der Händler das Fahrzeug (auch) zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs - nämlich für die nicht ganz unerhebliche Eigennutzung - erworben hat.
(tg) - Quelle: PM Nr. 207/2011 des BGH vom 23.12.2011
Zur Sache
Die Beklagte bot am 20. April 2009 auf einer Internet-Verkaufsplattform ein Fahrzeug an, das unter anderem mit "Vorführfahrzeug …, EZ 3/2009, 500 km" beschrieben war. Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen, wie sie § 1 der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) für die Werbung für "neue Personenkraftwagen" vorsieht, enthielt die Anzeige jedoch nicht.
Der Verband Sozialer Wettbewerb, der Kläger, nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch, da mit dieser Werbung ein Verstoß gegen die in § 1 Pkw-EnVKV geregelte Informationspflicht und damit zugleich ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vorliege.
Während das Landgericht Mainz der Klage stattgegeben hatte, hat das Oberlandesgericht Koblenz das erstinzanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Bei dem angebotenen Fahrzeug habe es sich nicht um einen Neuwagen gehandelt, weil es bereits als Vorführwagen im Straßenverkehr genutzt worden sei und auch schon eine Laufleistung von 500 km aufgewiesen habe.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt.
Neue Personenkraftwagen im Sinne von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV sind alle Kraftfahrzeuge, die noch nicht zu einem anderen Zweck zum Weiterverkauf oder der Auslieferung verkauft wurden.
Die Pkw-EnVKV, mit der eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt worden ist, enthalte in § 2 Nr. 1 eine eigenständige Definition des Begriffs des neuen Personenkraftwagens und fasst darunter alle "Kraftfahrzeuge …, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden". Aus diesem Grund könne nicht auf den im nationalen Recht entwickelten Begriff des Neuwagens zurückgegriffen werden, den der Bundesgerichtshof im Kaufrecht bei der Frage der zugesicherten Eigenschaft oder im Wettbewerbsrecht bei der Frage der Irreführung zugrunde legt.
Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs entscheidend - Beurteilung nach objektivierbaren Umständen entscheidend.
Die gesetzliche Definition stelle insoweit auf die Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs ab. Dabei komme es nicht auf die konkreten Vorstellungen an, die sich der Händler beim Erwerb des Fahrzeugs macht und die ohnehin kaum ermittelt werden können, so der BGH. Entscheidend seien vielmehr objektivierbare Umstände, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug alsbald verkauft werden soll, ohne dass damit eine kurzfristige Zwischennutzung im Betrieb des Händlers - etwa als Vorführwagen - ausgeschlossen wäre.
Kilometerleistung als objektiver Umstand
Als objektiven Umstand hat der Bundesgerichtshof auf die Kilometerleistung abgestellt: Bietet ein Händler ein Fahrzeug mit einer geringen Kilometerleistung (bis 1000 km) an, sei davon auszugehen, dass er dieses Fahrzeugs zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben hat. Liegt die Kilometerleistung des angebotenen Fahrzeugs darüber, spreche dies dafür, dass der Händler das Fahrzeug (auch) zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs - nämlich für die nicht ganz unerhebliche Eigennutzung - erworben hat.
(tg) - Quelle: PM Nr. 207/2011 des BGH vom 23.12.2011
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 24.12.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2375
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