Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 10.04.2025 - I ZR 80/24
Bewegungsspielzeug - Zur Prüfung einer unlauteren Nachahmung wegen einer mittelbaren Herkunftstäuschung
UWG §§ 4 Abs. 3 Buchst. a, § 9 Abs. 1, 13 Abs. 2 Nr. 3, 13 Abs. 3
Leitsätze:*1. Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, bei der Nachahmung handele es sich um das Originalprodukt. Eine mittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn der Verkehr von geschäftlichen oder organisatorischen - wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen - Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht oder wenn er die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält.
2. Bei der Prüfung einer unlauteren Nachahmung wegen mittelbarer Herkunftstäuschung setzt die Annahme, der Verkehr werde die Nachahmung für eine neue Serie des Originalherstellers halten, jedenfalls voraus, dass der angesprochene Verkehr aufgrund von deutlich sichtbaren Anlehnungen in Gestaltungsmerkmalen, die den Gesamteindruck der Produkte prägen, davon ausgeht, dass die Produkte von demselben Hersteller stammen. Je untergeordneter die übereinstimmenden Gestaltungsmerkmale für das Erscheinungsbild der Produkte sind, desto eher wird der angesprochene Verkehr geneigt sein, wegen anderer den Gesamteindruck des Originalprodukts vorrangig prägender, sich in der Nachahmung nicht wiederfindender Gestaltungsmerkmale die Erzeugnisse als individuelle Einzelprodukte anzusehen, und desto gewichtigere tatsächliche Anhaltspunkte müssen für die Annahme vorliegen, dass der angesprochene Verkehr die Nachahmung einer neuen Serie des Originalherstellers zuordnet.
3. Der Gläubiger kann die Erstattung der Kosten für eine berechtigte Abmahnung grundsätzlich nur nach dem in der Abmahnung angegebenen Gegenstandswert verlangen.
4. Werden die in § 13 Abs. 2 UWG aufgezählten Informationen vom Abmahnenden nachgereicht, kann dies den Ersatzanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG allenfalls dann nachträglich entstehen lassen, wenn dem Abgemahnten noch keine Aufwendungen für die Rechtsberatung oder Rechtsverteidigung entstanden sind und er deshalb keinen Anspruch aus § 13 Abs. 5 Satz 1 und 2 UWG auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hat, die für seine Rechtsverteidigung gegen die nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entsprechende Abmahnung angefallen sind. Werden die Informationen erst in einem Gerichtsverfahren nachgereicht, sind die Aufwendungen für die Rechtsverteidigung jedoch regelmäßig bereits entstanden (m.w.N. - Im Streitfall hatte die Klägerin die Berechnung der gerichtlich geltend gemachten - von den vorgerichtlich veranschlagten abweichenden - Abmahnkosten erst erläutert, nachdem sich die Beklagten im Verfahren der einstweiligen Verfügung verteidigt hatten).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 21.05.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3472
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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