Kurz notiert
Bundesgerichtshof
(Störer-) Haftung des Admin-C für rechtsverletzende Domainregistrierungen unter der Top Level Domain ".de" möglich.
BGH, Urteil vom 09.11.2011 - I ZR 150/09 - Basler Haarkosmetik; Vorinstanzen: LG Stuttgart, Urteil vom 27.01.2009 - 41 O 127/08; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.09.2009 - 2 U 16/09
MIR 2011, Dok. 089, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 09.11.2011 (I ZR 150/09) zu der Frage Stellung genommen, ob der - nach den DENIC-Domainrichtlinien zwingend in Deutschland ansässige - administrative Ansprechpartner (Admin-C) einer .de-Domain in Fällen in Anspruch genommen werden kann, in denen der Anmelder nicht im Inland wohnt oder seinen Sitz im Inland hat und der registrierte Domainname Rechte Dritter verletzt. Eine solche Störerhaftung des Admin-C komme unter besonderen Umständen in Betracht, so der BGH.
Zur Sache
Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung "Basler Haar-Kosmetik" unter anderem im Internet einen Versandhandel für Haarkosmetikprodukte und Friseurbedarf und fühlt sich durch eine unter dem Domainnamen www.baslerhaarkosmetik.de registrierte Internetseite in ihrem Namensrecht verletzt. Der Domainname ist von einer in Großbritannien ansässigen Gesellschaft bei der DENIC eG, der Genossenschaft, die die Domainnamen mit dem Top-Level-Domain ".de" vergibt, angemeldet worden. Als Admin-C für den Domainnamen war der Beklagte benannt und registriert.
Die Klägerin mahnte den Beklagten an und forderte ihn zur Löschung des Domainnamens auf. Der Domainname wurde daraufhin gelöscht. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von dem Beklagten noch die Erstattung der ihr durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht Stuttgart hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt, das Oberlandesgericht Stuttgart hat das landgerichtliche Urteil auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen.
In der Sache hängt ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten hier davon ab, ob der Klägerin im Zeitpunkt der Abmahnung ein Anspruch auf Löschung des Domainnamens nicht nur gegen den Domaininhaber, sondern auch gegen den Beklagten als Admin-C zustand. Das Oberlandesgericht hatte diese Frage verneint. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Störerhaftung des Admin-C unter bestimmten Umständen möglich.
Ein Anspruch gegenüber dem Admin-C einer .de-Domain könne sich aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung ergeben, so der BGH. Die dafür erforderliche Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten ergebe sich allerdings noch nicht allein aus der Stellung als Admin-C (hier: des Beklagten) an sich. Der Funktions- und Aufgabenbereich eines Admin-C bestimme sich allein nach dem zwischen der DENIC eG und dem Domaininhaber abgeschlossenen Domainvertrag. Hiernach beschränke sich der Aufgabenbereich des Admin-C auf die Erleichterung der administrativen Durchführung des Domainvertrages.
Automatisierte Domainregistrierung ohne jegliche Prüfung von Rechtekollisionen seitens des Anmelders erhöht das Risiko von Rechtsverletzungen und kann eine besondere Prüfungspflicht des Admin-C begründen.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann den Admin-C aber unter bestimmten Umständen eine besondere Prüfungspflicht hinsichtlich des Domainnamens treffen, dessen Registrierung er durch seine Bereitschaft, als Admin-C zu wirken, ermöglicht. Im Streitfall hatte sich der Beklagte gegenüber der in Großbritannien ansässigen Inhaberin des Domainnamens generell bereit erklärt, für alle von ihr registrierten Domainnamen als Admin-C zur Verfügung zu stehen. Ferner hatte die Klägerin vorgetragen, dass die britische Gesellschaft in einem automatisierten Verfahren freiwerdende Domainnamen ermittelt und automatisch registrieren lässt, so dass auf der Ebene des Anmelders und Inhabers des Domainnamens keinerlei Prüfung stattfindet, ob die angemeldeten Domainnamen Rechte Dritter verletzen könnten. Bei dieser Verfahrensweise besteht im Hinblick darauf, dass auch bei der DENIC eG eine solche Prüfung nicht stattfindet, eine erhöhte Gefahr, dass für den Domaininhaber rechtsverletzende Domainnamen registriert werden. Unter diesen Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof eine Pflicht des Admin-C bejaht, von sich aus zu überprüfen, ob die automatisiert registrierten Domainnamen Rechte Dritter verletzen.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, das nun noch zu klären hat, ob die von der Klägerin vorgetragenen besonderen Umstände im konkreten Fall vorliegen und der Beklagte davon Kenntnis hatte oder haben musste.
(tg) - Quelle: PM Nr. 180/2011 des BGH vom 10.11.2011, die genauen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor.
Zur Sache
Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung "Basler Haar-Kosmetik" unter anderem im Internet einen Versandhandel für Haarkosmetikprodukte und Friseurbedarf und fühlt sich durch eine unter dem Domainnamen www.baslerhaarkosmetik.de registrierte Internetseite in ihrem Namensrecht verletzt. Der Domainname ist von einer in Großbritannien ansässigen Gesellschaft bei der DENIC eG, der Genossenschaft, die die Domainnamen mit dem Top-Level-Domain ".de" vergibt, angemeldet worden. Als Admin-C für den Domainnamen war der Beklagte benannt und registriert.
Die Klägerin mahnte den Beklagten an und forderte ihn zur Löschung des Domainnamens auf. Der Domainname wurde daraufhin gelöscht. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von dem Beklagten noch die Erstattung der ihr durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht Stuttgart hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt, das Oberlandesgericht Stuttgart hat das landgerichtliche Urteil auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen.
In der Sache hängt ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten hier davon ab, ob der Klägerin im Zeitpunkt der Abmahnung ein Anspruch auf Löschung des Domainnamens nicht nur gegen den Domaininhaber, sondern auch gegen den Beklagten als Admin-C zustand. Das Oberlandesgericht hatte diese Frage verneint. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Störerhaftung des Admin-C unter bestimmten Umständen möglich.
Ein Anspruch gegenüber dem Admin-C einer .de-Domain könne sich aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung ergeben, so der BGH. Die dafür erforderliche Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten ergebe sich allerdings noch nicht allein aus der Stellung als Admin-C (hier: des Beklagten) an sich. Der Funktions- und Aufgabenbereich eines Admin-C bestimme sich allein nach dem zwischen der DENIC eG und dem Domaininhaber abgeschlossenen Domainvertrag. Hiernach beschränke sich der Aufgabenbereich des Admin-C auf die Erleichterung der administrativen Durchführung des Domainvertrages.
Automatisierte Domainregistrierung ohne jegliche Prüfung von Rechtekollisionen seitens des Anmelders erhöht das Risiko von Rechtsverletzungen und kann eine besondere Prüfungspflicht des Admin-C begründen.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann den Admin-C aber unter bestimmten Umständen eine besondere Prüfungspflicht hinsichtlich des Domainnamens treffen, dessen Registrierung er durch seine Bereitschaft, als Admin-C zu wirken, ermöglicht. Im Streitfall hatte sich der Beklagte gegenüber der in Großbritannien ansässigen Inhaberin des Domainnamens generell bereit erklärt, für alle von ihr registrierten Domainnamen als Admin-C zur Verfügung zu stehen. Ferner hatte die Klägerin vorgetragen, dass die britische Gesellschaft in einem automatisierten Verfahren freiwerdende Domainnamen ermittelt und automatisch registrieren lässt, so dass auf der Ebene des Anmelders und Inhabers des Domainnamens keinerlei Prüfung stattfindet, ob die angemeldeten Domainnamen Rechte Dritter verletzen könnten. Bei dieser Verfahrensweise besteht im Hinblick darauf, dass auch bei der DENIC eG eine solche Prüfung nicht stattfindet, eine erhöhte Gefahr, dass für den Domaininhaber rechtsverletzende Domainnamen registriert werden. Unter diesen Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof eine Pflicht des Admin-C bejaht, von sich aus zu überprüfen, ob die automatisiert registrierten Domainnamen Rechte Dritter verletzen.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, das nun noch zu klären hat, ob die von der Klägerin vorgetragenen besonderen Umstände im konkreten Fall vorliegen und der Beklagte davon Kenntnis hatte oder haben musste.
(tg) - Quelle: PM Nr. 180/2011 des BGH vom 10.11.2011, die genauen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 10.11.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2367
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Online seit: 10.11.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2367
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Abmahnkostenerstattung - Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist kein im Verhältnis zum Unterlassungsanspruch unselbständiger Nebenanspruch, der als solcher das Schicksal des Hauptanspruchs teilt
BGH, Urteil vom 27.01.2022 - I ZR 7/21, MIR 2022, Dok. 026
Gewerblichkeit der Tätigkeit eines externen Datenschutzbeauftragten der zugleich auch Rechtsanwalt ist
BFH, Urteil vom 14.01.2020 - VIII R 27/17, MIR 2020, Dok. 021
Keine entsprechende Anwendung von § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 049
Nur Name und Anschrift - Zum Umfang und zu den Grenzen der von Plattformbetreibern (hier YouTube) geschuldeten Auskunft über Benutzerdaten
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 091
Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung - Das volle Ausschöpfen der gesetzlichen Berufungseinlegungs- und -begründungsfristen ist in der Regel nicht dringlichkeitsschädlich
OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023 - 3 U 965/23, MIR 2023, Dok. 075
BGH, Urteil vom 27.01.2022 - I ZR 7/21, MIR 2022, Dok. 026
Gewerblichkeit der Tätigkeit eines externen Datenschutzbeauftragten der zugleich auch Rechtsanwalt ist
BFH, Urteil vom 14.01.2020 - VIII R 27/17, MIR 2020, Dok. 021
Keine entsprechende Anwendung von § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 049
Nur Name und Anschrift - Zum Umfang und zu den Grenzen der von Plattformbetreibern (hier YouTube) geschuldeten Auskunft über Benutzerdaten
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 091
Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung - Das volle Ausschöpfen der gesetzlichen Berufungseinlegungs- und -begründungsfristen ist in der Regel nicht dringlichkeitsschädlich
OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023 - 3 U 965/23, MIR 2023, Dok. 075