Kurz notiert
Oberlandesgericht Frankfurt a.M.
Erneute Entscheidungen in Sachen perlentaucher.de - Zur Frage, wann die komprimierte Wiedergabe von Buchrezensionen Dritter als sogenannte "Abstracts" das Urheberrecht verletzt.
OLG Frankfurt a.M., Urteile vom 01.11.2011 - 11 U 75/06 und 11 U 76/06; vorausgehend: LG Frankfurt a.M., Urteile vom 23.11.2006 - 2-3 O 171/06 und 2-3 O 172/06; OLG Frankfurt a.M., Urteile vom 11.12.2007 - 11 U 75/06 und 11 U 76/06; BGH, Urteile vom 01.12.2010 - I ZR 12/08 und I ZR 13/08
MIR 2011, Dok. 086, Rz. 1
1
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hatte mit zwei Urteilen vom 01.11.2011 (11 U 75/06 und 11 U 76/06) in dem weithin bekannten Rechtsstreiten der Betreiberin der Website "perlentaucher.de" gegen die Herausgeberinnen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und der Süddeutschen Zeitung (SZ) erneut über die Frage zu entschieden, unter welchen Voraussetzungen die komprimierte Wiedergabe von Buchrezensionen Dritter in Form sogenannter "Abstracts" urheberrechtlich zulässig ist.
Zur Sache:
Die Klägerinnen verlegen die Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung, in denen auch Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die Beklagte stellt auf ihrer Webseite "perlentaucher.de" Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt vor. Dabei werden auch Buchrezensionen aus den von den Klägerinnen verlegten Zeitungen in komprimierter Fassung - als "Abstracts" - veröffentlicht. Diese "Abstracts" werden von den Mitarbeitern der Beklagten formuliert, enthalten aber auch einzelne Zitate und Passagen aus den Originalkritiken. Die Klägerinnen halten dies Übernahmen und Verwertungen für unzulässig und haben mit den vorliegenden Klagen in der Hauptsache ein generelles Verbot derartiger Abstracts verlangt; hilfsweise die Untersagung von Abstracts mit Originalzitaten sowie bestimmter konkreter Abstracts. Nach Ansicht der Klägerinnen verletzen die Abstracts wegen des Umfangs der Übernahme von Formulierungen aus den Originalrezensionen ihre Urheberrechte.
In erster Instanz hatte das Landgericht Frankfurt a.M. die Klagen abgewiesen. Das OLG Frankfurt a.M wies die Berufungen im Dezember 2007 zunächst vollständig zurück (siehe auch: MIR 2007, Dok. 424, Rz. 1 sowie OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 11.12.2007 - 11 U 76/06, MIR 2008, Dok. 039).
Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs: Inhaltsangaben von Schriftwerken sind urheberrechtlich grundsätzlich zulässig - Die Übernahme von Buchrezensionen Dritter kann aber im Einzelfall das Urheberrecht verletzen
In der Revision bestätigte der Bundesgerichtshof (siehe: MIR 2010, Dok. 168, Rz. 1) zunächst, dass die Klägerinnen kein generelles Verbot der Verwendung ihrer Buchrezensionen verlangen können. Es sei urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassungen zu verwerten. Anders als die Vorinstanzen vertrat der Bundesgerichtshof aber die Auffassung, dass die Übernahme der Rezensionen im konkreten Einzelfall die Urheberrechte der Klägerinnen verletzten könnte. Der Bundesgerichtshof hob deshalb die Berufungsurteile teilweise auf und wies das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. an zu prüfen, ob die Verbreitung einzelner konkreter Abstracts der Beklagten das Urheberrecht der Klägerinnen verletzen.
Erneute Berufungsentscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M.: Teilweise stellt die Übernahme besonders prägender und ausdrucksstarker Passagen im Rahmen der streitgegenständlichen Abstracts eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung dar
In den aktuellen Berufungsurteilen kommt das OLG nunmehr zu dem Ergebnis, dass tatsächlich bestimmte Perlentaucher-Kritiken, die im Dezember 2004 erschienen waren und von den Klägerinnen konkret benannt werden, ihr Urheberrecht verletzten. Diese Abstracts bestünden mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucksstarken Passagen der Originalrezensionen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen worden seien. Dies Übernahmen stellten daher eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar und hätten ohne die Einwilligung der Klägerinnen nicht erfolgen dürfen (vgl. § 23 UrhG). In diesem - eingeschränkten - Umfang gab das Oberlandesgericht den Berufungen der Klägerinnen deshalb nunmehr statt und änderte die vorausgegangenen Urteile des Landgerichts ab.
Beurteilung stets eine Frage des Einzelfalls
Die Frage, ob und ich welchem Umfang die Übernahme und Wiedergabe von Buchrezensionen urheberrechtlich zulässig sein kann, lässt sich nicht allgemein beantworten. Jede Übernahme oder Bearbeitung fremder Schriftwerke muss vielmehr im Einzelfall genau daraufhin überprüft werden, ob eine zulässige freie Bearbeitung des Originaltextes vorliegt oder nicht.
(tg) - Quelle: PM des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 01.11.2011
Zur Sache:
Die Klägerinnen verlegen die Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung, in denen auch Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die Beklagte stellt auf ihrer Webseite "perlentaucher.de" Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt vor. Dabei werden auch Buchrezensionen aus den von den Klägerinnen verlegten Zeitungen in komprimierter Fassung - als "Abstracts" - veröffentlicht. Diese "Abstracts" werden von den Mitarbeitern der Beklagten formuliert, enthalten aber auch einzelne Zitate und Passagen aus den Originalkritiken. Die Klägerinnen halten dies Übernahmen und Verwertungen für unzulässig und haben mit den vorliegenden Klagen in der Hauptsache ein generelles Verbot derartiger Abstracts verlangt; hilfsweise die Untersagung von Abstracts mit Originalzitaten sowie bestimmter konkreter Abstracts. Nach Ansicht der Klägerinnen verletzen die Abstracts wegen des Umfangs der Übernahme von Formulierungen aus den Originalrezensionen ihre Urheberrechte.
In erster Instanz hatte das Landgericht Frankfurt a.M. die Klagen abgewiesen. Das OLG Frankfurt a.M wies die Berufungen im Dezember 2007 zunächst vollständig zurück (siehe auch: MIR 2007, Dok. 424, Rz. 1 sowie OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 11.12.2007 - 11 U 76/06, MIR 2008, Dok. 039).
Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs: Inhaltsangaben von Schriftwerken sind urheberrechtlich grundsätzlich zulässig - Die Übernahme von Buchrezensionen Dritter kann aber im Einzelfall das Urheberrecht verletzen
In der Revision bestätigte der Bundesgerichtshof (siehe: MIR 2010, Dok. 168, Rz. 1) zunächst, dass die Klägerinnen kein generelles Verbot der Verwendung ihrer Buchrezensionen verlangen können. Es sei urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassungen zu verwerten. Anders als die Vorinstanzen vertrat der Bundesgerichtshof aber die Auffassung, dass die Übernahme der Rezensionen im konkreten Einzelfall die Urheberrechte der Klägerinnen verletzten könnte. Der Bundesgerichtshof hob deshalb die Berufungsurteile teilweise auf und wies das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. an zu prüfen, ob die Verbreitung einzelner konkreter Abstracts der Beklagten das Urheberrecht der Klägerinnen verletzen.
Erneute Berufungsentscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M.: Teilweise stellt die Übernahme besonders prägender und ausdrucksstarker Passagen im Rahmen der streitgegenständlichen Abstracts eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung dar
In den aktuellen Berufungsurteilen kommt das OLG nunmehr zu dem Ergebnis, dass tatsächlich bestimmte Perlentaucher-Kritiken, die im Dezember 2004 erschienen waren und von den Klägerinnen konkret benannt werden, ihr Urheberrecht verletzten. Diese Abstracts bestünden mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucksstarken Passagen der Originalrezensionen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen worden seien. Dies Übernahmen stellten daher eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar und hätten ohne die Einwilligung der Klägerinnen nicht erfolgen dürfen (vgl. § 23 UrhG). In diesem - eingeschränkten - Umfang gab das Oberlandesgericht den Berufungen der Klägerinnen deshalb nunmehr statt und änderte die vorausgegangenen Urteile des Landgerichts ab.
Beurteilung stets eine Frage des Einzelfalls
Die Frage, ob und ich welchem Umfang die Übernahme und Wiedergabe von Buchrezensionen urheberrechtlich zulässig sein kann, lässt sich nicht allgemein beantworten. Jede Übernahme oder Bearbeitung fremder Schriftwerke muss vielmehr im Einzelfall genau daraufhin überprüft werden, ob eine zulässige freie Bearbeitung des Originaltextes vorliegt oder nicht.
(tg) - Quelle: PM des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 01.11.2011
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 01.11.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2364
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