Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Landgericht Koblenz
Verpflichtung zur telefonischen Kündigungsbestätigung unzulässig - Die Mitteilung an Verbraucher, eine (online) erklärte Kündigung sei telefonisch zu bestätigen, kann eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellen
LG Koblenz - Urteil vom 27.02.2024 – 11 O 12/23 (nrk)
MIR 2024, Dok. 031, Rz. 1
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Das Landgericht Koblenz hatte sich in einem Urteil vom 27.02.2024 (11 O 12/23) mit der Frage zu befassen, ob es wettbewerbswidrig ist, wenn ein Unternehmen die online erklärte Kündigung eines Kunden von einem Bestätigungstelefonat abhängig macht. Das Gericht sah eine solche Praxis (u.a. aktuell von 1&1 und Vodafone bekannt) im vorliegenden Fall als irreführend an.
Zur Sache:
Die Beklagte bietet, auch gegenüber Verbrauchern, den Abschluss von Dienstleistungsverträgen (Dauerschuldverhältnissen) unter anderem über die Bereitstellung von Webspeicherplatz, E-Mail-Postfächern und Servern an. Der Kläger, eine Verbraucherzentrale, begehrt von der Beklagten es zu unterlassen, dass diese auf eine online erklärte Kündigung gegenüber Verbrauchern behauptet, dass zur Wirksamkeit dieser Kündigung noch ein Telefonat mit der Beklagten erforderlich sei.
Hier hatte ein Kunde hatte seinen Vertrag bei der Beklagten per Internet gekündigt und daraufhin von der Beklagten die Mitteilung erhalten, er möge seine Kündigung binnen 14 Tagen telefonisch bestätigen, ansonsten bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.
Der Kläger hat daraufhin die Beklagte abgemahnt und - im Ergebnis erfolglos - zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert.
Der Kläger behauptet, im Fall eines Anrufs nach der Kündigung werde seitens der Beklagten - auch entsprechend rhetorisch und durch Anbieten anderer Vertragskonditionen - versucht, den Verbraucher zu überzeugen, doch von seinem Kündigungswillen Abstand zu nehmen.
Der Kläger meint, die Mitteilung der Beklagten gegenüber Verbrauchern, nach einer Kündigung habe eine Bestätigung zu erfolgen, stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar; sie enthalte unwahre Angaben über Rechte des Verbrauchers.
Der Kläger beantragt der Beklagten zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, diesen nach einer der Beklagten zugegangenen Kündigungserklärung eines Dienstleistungsvertrages in Form eines Dauerschuldverhältnisses mitzuteilen, die telefonische Bestätigung der erklärten Kündigung sei erforderlich.
Die Beklagte ist der Ansicht, ohne die telefonische Rückbestätigung der Kündigung bestünde das Risiko, dass unberechtigte Dritte den Vertrag eines Kunden kündigen könnten. Auch für den Fall einer Kündigung nach § 312k BGB sei es für die Beklagte erforderlich, sich davon zu überzeugen, dass die Kündigung auch vom Erklärenden stammt. Dabei biete ein fernmündliches Gespräch ein Mehr an Sicherheit verglichen etwa mit einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail. Es finde keine Irreführung des Verbrauchers statt. Außerdem werde eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers nicht beeinflusst.
Entscheidung des Gerichts: Mitteilung an Verbraucher, eine (online) erklärte Kündigung sei telefonisch zu bestätigen stellt hier eine - wettbewerbswidrige - Irreführung dar
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Klägers ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3, 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG.
Das Vorgehen der Beklagten, den Verbraucher aufzufordern, seine Kündigung innerhalb von 14 Tagen telefonisch zu bestätigen, stelle eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Dazu gehörten auch Verhaltensweisen, die auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder das Verhindern einer Geschäftsbeendigung gerichtet sind.
Diese geschäftliche Handlung der Beklagten sei gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, da sie gemäß § 5 Abs. 1 UWG unlauter sei. Danach handele unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornehme, die geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Kammer hat die Vorgehensweise der Beklagten entsprechend als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG eingestuft. Demnach ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthalte. Erfasst seien davon auch irreführende Angaben über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung bestimmter Rechte, zu denen auch das Kündigungsrecht zähle.
Telefonat nicht zur Authentifizierung erforderlich
Auch wenn die Beklagte nach Auffassung der Kammer ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung der Kündigenden haben könne, wäre eine solche vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre, als ein Telefonat. Auch während eines Telefonats sei es der Beklagten nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Person ihres Gesprächspartners zu verschaffen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es einem unbefugten Dritten, der sich Zugang zu der Kundennummer, der Vertragsnummer und dem E-Mail-Konto des wahren Vertragspartners verschafft hat, auch gelänge, in einem Telefonat über seine Identität zu täuschen.
Praxis verlangt faktisch eine zusätzlichen Entscheidung des Verbrauchers
Diese Vorgehensweise der Beklagten sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte stelle den Verbraucher nach Zugang seiner Kündigung vor die Wahl, seine Kündigung nicht telefonisch zu bestätigen, und in der Folge das Vertragsverhältnis fortzusetzen, oder innerhalb von 14 Tagen telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Es werde dadurch eine zusätzliche Entscheidung des Verbrauchers verlangt, ob er an der Ausübung seines Kündigungsrechts festhalten will. Ohne die irreführende Aufforderung der Beklagten würde der Verbraucher weder die eine noch die andere Entscheidung treffen.
Die erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich daraus, dass die Beklagte eingeräumt habe, dass die beanstandete Vorgehensweise der Beklagten deren übliche Vorgehensweise sei.
(tg) - Quelle: Mitteilung des LG Koblenz (zuletzt abgerufen am 09.04.2024)
Zur Sache:
Die Beklagte bietet, auch gegenüber Verbrauchern, den Abschluss von Dienstleistungsverträgen (Dauerschuldverhältnissen) unter anderem über die Bereitstellung von Webspeicherplatz, E-Mail-Postfächern und Servern an. Der Kläger, eine Verbraucherzentrale, begehrt von der Beklagten es zu unterlassen, dass diese auf eine online erklärte Kündigung gegenüber Verbrauchern behauptet, dass zur Wirksamkeit dieser Kündigung noch ein Telefonat mit der Beklagten erforderlich sei.
Hier hatte ein Kunde hatte seinen Vertrag bei der Beklagten per Internet gekündigt und daraufhin von der Beklagten die Mitteilung erhalten, er möge seine Kündigung binnen 14 Tagen telefonisch bestätigen, ansonsten bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.
Der Kläger hat daraufhin die Beklagte abgemahnt und - im Ergebnis erfolglos - zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert.
Der Kläger behauptet, im Fall eines Anrufs nach der Kündigung werde seitens der Beklagten - auch entsprechend rhetorisch und durch Anbieten anderer Vertragskonditionen - versucht, den Verbraucher zu überzeugen, doch von seinem Kündigungswillen Abstand zu nehmen.
Der Kläger meint, die Mitteilung der Beklagten gegenüber Verbrauchern, nach einer Kündigung habe eine Bestätigung zu erfolgen, stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar; sie enthalte unwahre Angaben über Rechte des Verbrauchers.
Der Kläger beantragt der Beklagten zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, diesen nach einer der Beklagten zugegangenen Kündigungserklärung eines Dienstleistungsvertrages in Form eines Dauerschuldverhältnisses mitzuteilen, die telefonische Bestätigung der erklärten Kündigung sei erforderlich.
Die Beklagte ist der Ansicht, ohne die telefonische Rückbestätigung der Kündigung bestünde das Risiko, dass unberechtigte Dritte den Vertrag eines Kunden kündigen könnten. Auch für den Fall einer Kündigung nach § 312k BGB sei es für die Beklagte erforderlich, sich davon zu überzeugen, dass die Kündigung auch vom Erklärenden stammt. Dabei biete ein fernmündliches Gespräch ein Mehr an Sicherheit verglichen etwa mit einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail. Es finde keine Irreführung des Verbrauchers statt. Außerdem werde eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers nicht beeinflusst.
Entscheidung des Gerichts: Mitteilung an Verbraucher, eine (online) erklärte Kündigung sei telefonisch zu bestätigen stellt hier eine - wettbewerbswidrige - Irreführung dar
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Klägers ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3, 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG.
Das Vorgehen der Beklagten, den Verbraucher aufzufordern, seine Kündigung innerhalb von 14 Tagen telefonisch zu bestätigen, stelle eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Dazu gehörten auch Verhaltensweisen, die auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder das Verhindern einer Geschäftsbeendigung gerichtet sind.
Diese geschäftliche Handlung der Beklagten sei gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, da sie gemäß § 5 Abs. 1 UWG unlauter sei. Danach handele unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornehme, die geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Kammer hat die Vorgehensweise der Beklagten entsprechend als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG eingestuft. Demnach ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthalte. Erfasst seien davon auch irreführende Angaben über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung bestimmter Rechte, zu denen auch das Kündigungsrecht zähle.
Telefonat nicht zur Authentifizierung erforderlich
Auch wenn die Beklagte nach Auffassung der Kammer ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung der Kündigenden haben könne, wäre eine solche vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre, als ein Telefonat. Auch während eines Telefonats sei es der Beklagten nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Person ihres Gesprächspartners zu verschaffen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es einem unbefugten Dritten, der sich Zugang zu der Kundennummer, der Vertragsnummer und dem E-Mail-Konto des wahren Vertragspartners verschafft hat, auch gelänge, in einem Telefonat über seine Identität zu täuschen.
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(tg) - Quelle: Mitteilung des LG Koblenz (zuletzt abgerufen am 09.04.2024)
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 09.04.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3360
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