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Kurz notiert // Urheberrecht



Bundesgerichtshof

"Metall auf Metall IV" - Erneute Entscheidung zum Tonträger-Sampling in Sachen Kraftwerk ./. Pelham & Co.

BGH, Urteil vom 30.04.2020 - I ZR 115/16 - Metall auf Metall IV; Vorinstanzen: LG Hamburg, 08.10.2004 - 308 O 90/99; OLG Hamburg, 07.06.2006 - 5 U 48/05; BGH, 20.11.2008 - I ZR 112/06 - Metall auf Metall I; OLG Hamburg, 17.08.2011 - 5 U 48/05; BGH, 13.12.2012 - I ZR 182/11 - Metall auf Metall II; BVerfG, 31.05.2016 - 1 BvR 1585/13, BVerfGE 142, 74; BGH, 01.06.2017 - I ZR 115/16 - Metall auf Metall III; EuGH, 29.07.2019 - C-476/17 - Pelham u.a.

MIR 2020, Dok. 041, Rz. 1


1
Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 30.04.2020 (I ZR 115/16 - Metall auf Metall IV) erneut über die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Rechte des Tonträgerherstellers durch Sampling verletzt werden. Der Entscheidung liegt ein langjähriger Rechtsstreit zwischen der Musikgruppe Kraftwerk und "Pelham & Co." zugrunde, der auch nach der neuerlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs in eine weitere Runde vor dem Oberlandesgericht Hamburg gehen wird.

Zur Sache:

Die Kläger sind Mitglieder der Band "Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahr 1977 einen Tonträger, auf dem sich das Musikstück "Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur auf im Jahr 1997 erschienenen Tonträgern einspielte. Zur Herstellung des Titels hatten die Beklagten zwei Sekunden einer Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt.

Die Kläger sehen dadurch ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt. Sie haben die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen, Tonträger mit der Aufnahme "Nur mir" herzustellen und in Verkehr zu bringen. Außerdem haben sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger zum Zweck der Vernichtung verlangt.

Bisheriger Verlauf des Rechtsstreits:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten wiederum zurückgewiesen. Die erneute Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Sodann hat das Bundesverfassungsgericht die Revisionsurteile und das zweite Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Dieser hat daraufhin dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums vorgelegt, die der Gerichtshof mit Urteil vom 29.07.2019 beantwortet hat (zu allen Entscheidungen vgl. Angaben zu den Vorinstanzen).

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof das erste Berufungsurteil aufgehoben und die Sache wiederum an das Oberlandesgericht Hamburg zurückverwiesen.

Mit der vom Oberlandesgericht gegebenen Begründung könnten die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche weder in Bezug auf ein Herstellen noch in Bezug auf ein Inverkehrbringen von Tonträgern zugesprochen werden.

Herstellen

1. Hinsichtlich des Herstellens sei eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts der Kläger als Tonträgerhersteller gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG zu prüfen. Insoweit sei im Blick darauf, dass die Richtlinie 2001/29/EG, die in Art. 2 Buchst. c das Vervielfältigungsrecht für Tonträgerhersteller in Bezug auf ihre Tonträger sowie in Art. 5 Abs. 2 und 3 Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf dieses Recht regelt, nach ihrem Art. 10 auf Nutzungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002 anwendbar ist, zwischen dem Herstellen von Tonträgern mit der Aufnahme "Nur mir" vor dem 22.12.2002 und ab dem vorgenannten Datum zu unterscheiden.

Vor dem 22.12.2002: Freie Benutzung?

a) Für Vervielfältigungshandlungen vor dem 22.12.2002 lasse sich eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts der Kläger als Tonträgerhersteller gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG auf der Grundlage der im ersten Berufungsurteil getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Infolge der Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht komme eine Berücksichtigung der Feststellungen im zweiten Berufungsurteil nicht (mehr) in Betracht. Der Senat habe allerdings in seinen Hinweisen für das neue Berufungsverfahren erkennen lassen, dass das Vervielfältigungsrecht der Kläger nicht verletzt sein dürfte, weil naheliege, dass sich die Beklagten auf eine freie Benutzung im Sinne des hier entsprechend anwendbaren § 24 UrhG berufen könnten. Sie dürften mit dem Musikstück "Nur mir" ein selbständiges Werk im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG geschaffen haben. Da es sich bei der von den Beklagten entnommenen Rhythmussequenz nicht um eine Melodie im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG handeln dürfte und eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift nicht in Betracht komme, dürften die Voraussetzungen einer freien Benutzung gegeben sein. Im Hinblick darauf, dass es nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dem künstlerischen Schaffensprozess nicht hinreichend Rechnung tragen würde, wenn die Zulässigkeit der Verwendung von gleichwertig nachspielbaren Samples eines Tonträgers generell von der Erlaubnis des Tonträgerherstellers abhängig gemacht würde, halte der Senat nicht an seiner Auffassung fest, dass eine entsprechende Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG ausscheide, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen.

Aber: Verletzung des Vervielfältigungsrechts durch Vervielfältigungen ab dem 22.12.2002?

b) Für Vervielfältigungshandlungen ab dem 22.12.2002 komme hingegen eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts der Kläger in Betracht.

Vervielfältigung eines Audiofragments grundsätzlich als eine teilweise Vervielfältigung anzusehen - Grenze: Kunstfreiheit

aa) Seit diesem Zeitpunkt sei das in § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG geregelte Recht des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung des Tonträgers mit Blick auf Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform auszulegen. Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG stelle eine Maßnahme zur vollständigen Harmonisierung des materiellen Gehalts des in ihr geregelten Rechts dar, die den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum überlässt, sondern zwingende Vorgaben mache, so dass die diese Vorschrift umsetzende Bestimmung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein am Unionsrecht und damit auch an den durch das Unionsrecht gewährleisteten Grundrechten zu messen sei. Nach der auf Vorlage des Senats ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei die Vervielfältigung eines - auch nur sehr kurzen - Audiofragments eines Tonträgers durch einen Nutzer grundsätzlich als eine teilweise Vervielfältigung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG anzusehen. Diese Auslegung entspreche dem Ziel der Richtlinie, ein hohes Schutzniveau für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte zu erreichen und die beträchtlichen Investitionen zu schützen, die Tonträgerhersteller tätigen müssen, um Produkte wie Tonträger anbieten zu können. Eine Vervielfältigung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG liege nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch nicht vor, wenn ein Nutzer in Ausübung der Kunstfreiheit einem Tonträger ein Audiofragment entnimmt, um es in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form in einem neuen Werk zu nutzen. Aus einer Abwägung der Freiheit der Kunst (Art. 13 EU-Grundrechtecharta) und der Gewährleistung des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta) folge, dass es in einer solchen Konstellation an einer hinreichenden Beeinträchtigung der Interessen des Tonträgerherstellers fehle.

Wiedererkennbarkeit darf nicht gegeben sein

bb) Nach diesen Maßstäben stelle die Entnahme von zwei Takten einer Rhythmussequenz aus dem Tonträger der Kläger und ihre Übertragung auf den Tonträger der Beklagten eine Vervielfältigung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG und damit auch des § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG dar. Bei der Prüfung der Frage, ob ein von einem Tonträger entnommenes Audiofragment in einem neuen Werk in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form genutzt wird, sei auf das Hörverständnis eines durchschnittlichen Musikhörers abzustellen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten die Rhythmussequenz zwar in leicht geänderter, aber beim Hören wiedererkennbarer Form in ihren neuen Tonträger übernommen.

Keine freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG

cc) Die Beklagten könnten sich insoweit nicht auf eine freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG berufen. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe auf Vorlage des Senats entschieden, dass ein Mitgliedstaat in seinem nationalen Recht keine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Recht des Tonträgerherstellers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG vorsehen dürfe, die nicht in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehen ist. Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG sehe keine (allgemeine) Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG für den Fall vor, dass ein selbständiges Werk in freier Benutzung des Werkes oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist. Danach sei es nicht mehr zulässig, in einem solchen Fall unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer der in Art. 5 der Richtlinie in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen vorliegen, anzunehmen, der Schutzbereich eines Verwertungsrechts werde durch § 24 Abs. 1 UrhG in der Weise (immanent) beschränkt, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf.

Keine Schrankenregelung einschlägig - keine Pastiches

dd) Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf eine Schrankenregelung berufen. Die Voraussetzungen eines Zitats im Sinne des § 51 Satz 1 und 2 Nr. 3 UrhG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG lägen nicht vor, weil kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Hörer - wie für ein Zitat erforderlich - annehmen könnten, die dem Musikstück "Nur mir" unterlegte Rhythmussequenz sei einem fremden Werk oder Tonträger entnommen worden. Das übernommene Audiofragment sei auch kein unwesentliches Beiwerk im Sinne des § 57 UrhG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. i der Richtlinie 2001/29/EG. Die Voraussetzungen einer Karikatur oder Parodie im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG liegen ebenfalls nicht vor, weil kein Anhaltspunkt dafür bestehe, dass das Musikstück "Nur mir" einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darstellt. Die Schranke für Pastiches im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG sei nicht einschlägig, weil der deutsche Gesetzgeber von der Möglichkeit, eine eigenständige Schrankenregelung für die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zum Zwecke von Pastiches vorzusehen, keinen Gebrauch gemacht habe.

Keine abschließende Beurteilung des Bundesgerichtshofs

ee) Eine abschließende Beurteilung sei dem Bundesgerichtshof allerdings verwehrt, weil das Oberlandesgericht keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob die Beklagten ab dem 22.12.2002 Handlungen der Vervielfältigung oder Verbreitung vorgenommen haben oder ob solche Handlungen ernsthaft und konkret zu erwarten waren. Der Umstand, dass die Beklagten vor dem 22.12.2002 die von den Klägern beanstandeten Tonträger vervielfältigt und verbreitet haben, lasse nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass ein solches Verhalten auch nach diesem Zeitpunkt im Sinne einer Erstbegehungsgefahr ernsthaft drohe. Dies gelte insbesondere, wenn - wovon im Revisionsverfahren mangels berücksichtigungsfähiger Feststellungen des Oberlandesgerichts auszugehen war - die Vervielfältigung und Verbreitung vor dem 22.12.2002 rechtmäßig waren. Die Begründung von einer Erstbegehungsgefahr durch ein in der Vergangenheit zulässiges Verhalten des Anspruchsgegners, das erst durch eine spätere Rechtsänderung unzulässig geworden ist, komme nur dann in Betracht, wenn weitere Umstände hinzutreten, die eine Zuwiderhandlung in der Zukunft konkret erwarten lassen. Hierzu werde das Oberlandesgericht im neu eröffneten Berufungsverfahren Feststellungen zu treffen haben.

Inverkehrbringen?

2. Hinsichtlich des Inverkehrbringens sei eine Verletzung des Verbreitungsrechts der Kläger als Tonträgerhersteller gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UrhG sowie ein Verbot nach § 96 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG zu prüfen.

a) Eine Verletzung des Verbreitungsrechts der Kläger gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UrhG, der der Umsetzung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG diene, sei nicht gegeben. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe auf Vorlage des Senats entschieden, dass ein Tonträger, der von einem anderen Tonträger übertragene Musikfragmente enthält, keine Kopie dieses anderen Tonträgers im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG darstelle.

b) Sofern mit Blick auf ab dem 22.12.2002 begangene Handlungen das Vervielfältigungsrecht der Kläger als Tonträgerhersteller gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG verletzt wurde, könne hierauf ein Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 96 Abs. 1 UrhG nicht gestützt werden. Diese Vorschrift sei im Streitfall unanwendbar, weil sie zu einer Ausweitung unionsrechtlich vollharmonisierter Verwertungsrechte führe und insoweit richtlinienwidrig sei. Komme allein eine Verletzung des in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG und § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG vorgesehenen Vervielfältigungsrechts in Betracht, so dürfe der durch diese Vorschriften gewährte Schutz nicht über eine Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG in den Bereich des durch Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG und § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall UrhG geregelten Verbreitungsrechts ausgedehnt werden. Im Streitfall liege allenfalls eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts der Kläger als Tonträgerhersteller, nicht jedoch eine Verletzung ihres Verbreitungsrechts vor.

Auch hier keine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs

3. Eine abschließende Entscheidung sei dem Bundesgerichtshof auch deshalb verwehrt, weil die Kläger ihre Ansprüche hilfsweise auf ihr Leistungsschutzrecht als ausübende Künstler (§ 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG; Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/115/EG), weiter hilfsweise auf die Verletzung des Urheberrechts des Klägers zu 1 am Musikwerk (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, §§ 16, 17 Abs. 1 UrhG; Art. 2 Buchst. a, Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) und äußerst hilfsweise auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz (§ 4 Nr. 9 UWG aF, § 4 Nr. 3 UWG) gestützt haben. Insoweit fehle es bisher ebenfalls an Feststellungen des Oberlandesgerichts, die nun von diesem zu treffen seien. Der Senat gebe aber auch insoweit einige Hinweise: Für auf das Leistungsschutzrecht als ausübende Künstler gestützte Ansprüche dürfte wohl nichts Anderes gelten als für auf das Leistungsschutzrecht als Tonträgerhersteller gestützte Ansprüche. Bezüglich der Ansprüche aus dem Urheberrecht sei schon fraglich, ob die entnommene Rhythmussequenz die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Werk erfüllten. Jedenfalls dürfte anzunehmen sein, dass sich die Beklagten für sämtliche Nutzungshandlungen vor dem 22.12.2002 auch insoweit auf das Recht zur freien Benutzung aus § 24 Abs. 1 UrhG berufen können. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz dürften demgegenüber eher fernliegen.

(tg) - PM Nr. 046/2020 des BGH vom 30.04.2020

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.05.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2982
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