Rechtsprechung
AG Flensburg, Urteil vom 31.03.2011 - 64 C 4/11
Ausräumung der Wiederholungsgefahr bei unverlangter E-Mail-Werbung - Zu den Anforderungen an eine die Wiederholungsgefahr ausräumende strafbewehrte Unterlassungserklärung, zur Reichweite des Unterlassungsanspruchs und zum Schadenersatz bei unverlangter E-Mail-Werbung.
BGB §§ 249, 823 Abs. 1, 1004 Abs 1 Satz 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze:*1. Durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann die - zunächst durch einen Verstoß (hier: Zusendung unverlangter Werbe-E-Mail) vermutete - Wiederholungsgefahr auch dann ausgeräumt werden, wenn der Unterlassungsgläubiger diese nicht annimmt und damit kein Unterlassungsvertrag zustande kommt (mit Verweis auf BGH, Urteil vom 09.11.1995 - I ZR 212/93). Voraussetzung ist, dass die Unterlassungserklärung ernsthaft ist und auch inhaltlich den an solche (Unterlassungs-) Erklärungen zu stellenden Anforderungen entspricht. Von einer fehlenden Ernsthaftigkeit kann hierbei nicht automatisch ausgegangen werden, wenn eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben wird. Dies gilt umso mehr, wenn weitere, die Ernsthaftigkeit unterstreichende, Umstände hinzutreten (hier: sofortige Bereitschaft und Vornahme der Datenlöschung und -sperrung, unmittelbare Bereitschaft zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nach mehreren Jahren unwidersprochenen Empfangs von Werbe-E-Mails durch den Unterlassungsgläubiger, Bereitschaft zur Erweiterung der Unterlassungserklärung auch auf weitere - bekannt zu gebende - E-Mail-Adressen des Unterlassungsgläubigers).
2. Im Fall unverlangter E-Mail-Werbung ist ein Unterlassungsantrag, mit welchem dem Unterlassungsschuldner verboten werden soll, "ihm zu Zwecken der Werbung (...) Werbemails an eine seiner Emailadressen zuzusenden" (regelmäßig) zu unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Vielmehr ist eine Beschränkung des Unterlassungstenors auf die im betreffenden Verstoßfall benutzte E-Mail-Adresse ausreichend. Der Unterlassungsanspruch umfasst insoweit nicht auch mehrere - dem Unterlassungsgläubiger unbekannte - E-Mail Adressen, mit denen der betreffende Verstoß nicht begangen wurde.
3. Arbeits- und Zeitaufwand zur Schadensermittlung und zur außergerichtlichen Abwicklung des Schadenersatzes ist grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Dies gilt jedenfalls soweit der im Einzelfall erforderliche Aufwand die von einem privaten Geschädigten (typischerweise) zu erbringende Mühewaltung nicht überschreitet (wird ausgeführt; mit Verweis auf BGH, Urteil vom 09.03.1976 - VI ZR 98/75).
Ein besonderer Dank für die Mitteilung der Entscheidung gilt Herrn RA Alexander Schultz, LL.M., Hagen ( www.raschultz.de ).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 13.06.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2337
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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