Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2011 - I-4 U 174/10
Keine Werbe-Einwilligung in AGB - Zur Unwirksamkeit einer Klausel betreffend die Einwilligung in die Nutzung von Kontaktdaten bzw. Kundendaten für Werbung per Post, E-Mail und Fax sowie Telefon in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Telekommunikationsanbieters.
BDSG § 4 Abs. 1, § 4a Abs. 1 Satz 1; UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1; UKlaG § 1
Leitsätze:*1. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1, § 4 BDSG ist die Einwilligung in die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten unter anderem nur dann wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht und - soweit sie zusammen mit anderen Erklärungen erteilt wird (hier: im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen) - besonders hervorgehoben ist. Nicht erforderlich ist, dass der Betroffene die Einwilligung nach § 4a Abs 1 BDSG gesondert erklärt, indem er eine zusätzliche Unterschrift leistet oder ein dafür vorgesehenes Kästchen zur positiven Abgabe der Einwilligungserklärung ankreuzt ("Opt-in"-Erklärung; vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 348/06, MIR 2008, Dok. 278 - Payback). Eine Einwilligung der betroffenen Person ist hierbei jede Willenserklärung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden (BGH, Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 348/06, MIR 2008, Dok. 278 - Payback).
2. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in einem fünf Absätze umfassenden Abschnitt "14. Allgemeine Informationen" als Absatz zwei enthaltene, in normaler, kleingedruckter Schrift dargestellte Klausel "Ich bin widerruflich damit einverstanden, dass der Anbieter meine Kontaktdaten (Post-, E-Mail-Adresse sowie Fax- und Rufnummer) zur Beratung und Werbung ausschließlich für eigene Zwecke nutzt und mir auf diesem Wege aktuelle Produktinformationen bzw. den Newsletter zukommen lässt. Meine Einwilligung kann ich jederzeit zurückziehen." erfüllt nicht das Erfordernis der besonderen Hervorhebung einer Einwilligung gemäß § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG.
3. Die Einwilligung in die Nutzung von Kontaktdaten für die Werbung unter Verwendung eines Faxgerätes oder elektronischer Post (E-Mail) muss mittels einer gesonderten Erklärung erteilt werden (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Erforderlich ist die Erklärung in Form einer "spezifischen Angabe" im Rahmen einer gesonderten Erklärung durch zusätzliche Unterschrift oder individuelles Markieren eines entsprechenden Feldes ("Opt-in"-Erklärung; unter Bezugnahme auf: BGH, Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 348/06, MIR 2008, Dok. 278 - Payback. Dies gilt gegenüber Verbrauchern und Unternehmen bzw. sonstigen Markteilnehmern gleichermaßen und entsprechend auch für die Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern, da auch insoweit eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG).
4. Für eine mutmaßliche Einwilligung in Werbung per Telefon gegenüber Unternehmern bzw. sonstigen Marktteilnehmern (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) ist es erforderlich, dass auf Grund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden am Anruf durch den Anrufer vermutet werden kann. Dies ergibt sich indes nicht allein aus einer unwirksamen ausdrücklichen Einwilligung.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 01.05.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2322
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