Rechtsprechung
OLG Jena, Urteil vom 21.04.2010 - 2 U 88/10
Voreingestellte Einwilligungserklärung in Newsletterbezug - Zu den Anforderungen an eine ausdrückliche Einwilligung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG und zum Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG.
UWG § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, § 8 Abs. 1
Leitsätze:*1. Ist die Einverständniserklärung hinsichtlich des Bezugs eines E-Mail-Newsletters
in einem entsprechenden Internetformular bereits "voreingestellt" und muss der Interessent bzw.
Kunde einen Haken entfernen (d.h. etwa die Vorauswahl einer so genannten "Checkbox" aufheben), wenn er keinen Newsletter erhalten will, entspricht dies nicht den Anforderungen an eine ausdrückliche Einwilligung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Denn es liegt nicht eine nach außen erkennbare Betätigung des Willens im Sinne einer ausdrücklichen Einwilligungserklärung vor, sondern vielmehr nur ein bedeutungsloses passives (dem Schweigen vergleichbares) Nichterklären.
2. Eine vorgegebene Einverständniserklärung benachteiligt den Kunden unangemessen im Sinne von §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie als "opt-out"-Regelung der gesetzlichen Wertung in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG entgegensteht, die ein ausdrückliches vorheriges Einverständnis verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 348/06, MIR 2008, Dok. 278 - Payback).
3. Bei der Direktwerbung im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG muss sich die Ähnlichkeit der Waren auf die bereits gekauften Waren beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen.
4. Der Hinweis auf die Möglichkeit, dass die Einwilligung jederzeit ohne Kosten widerrufen werden kann, genügt nicht dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG ist bei der Erhebung der E-Mail-Adresse eindeutig darauf hinzuweisen, dass bei einem Widerspruch gegen die weitere Verwendung der E-Mail-Adresse (lediglich) Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
5. Die Voraussetzungen des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes nach § 7 Abs. 3 UWG müssen kumulativ vorliegen.
6. Bei belästigender Werbung scheiden eine nachträgliche Interessenabwägung und die Annahme eines Bagatellfalles aus (BGH, Beschluss vom 10.12.2009 - I ZR 201/07, MIR 2010, Dok. 006).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 29.10.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2253
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG München, Beschluss vom 16.09.2021 - 29 U 3437/21 Kart, MIR 2021, Dok. 083
Prämienrückzahlung und vollständige Datenauskunft - Zur Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO
BGH, Urteil vom 15.06.2021 - VI ZR 576/19, MIR 2021, Dok. 056
Herstellergarantien - Keine Pflicht von Internethändlern zur Information über Herstellergarantie, wenn diese kein zentrales (wesentlichs) Merkmal des Angebots ist
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 086
Deutsche Wohnen - Eine Geldbuße nach Art. 83 DSGVO darf nur dann verhängt werden, wenn nachgewiesen ist, dass der Verantwortliche einen Verstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat
EuGH, Urteil vom 05.12.2023 - C-807/21, MIR 2023, Dok. 080
Rasierscherkopf - Zur privilegierten Zeichenverwendung bei der Werbung für nicht-originale Ersatzteile
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.05.2022 - 6 W 28/22, MIR 2022, Dok. 056