Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 31.03.2010 - I ZR 75/08
Ohne 19% Mehrwertsteuer - Eine Werbung mit der Angabe "Nur heute Haushaltsgroßgeräte ohne 19% Mehrwertsteuer" stellt auch dann keine unangemessene und unsachliche Beeinflussung der Verbraucher dar, wenn die Werbung erst am Tag des in Aussicht gestellten Rabattes erscheint.
UWG (2004) §§ 3, 4 Nr. 1
Leitsätze:*1. Eine Werbeaussage ist nicht schon dann unlauter, wenn das Kaufinteresse der Verbraucher
lediglich durch einen hohen Rabatt (hier: in Höhe von 19% vom Kaufpreis) geweckt wird. Die damit verbundene Anlockwirkung liegt in der Natur des Leistungswettbewerbs und ist nicht wettbewerbswidrig (BGH, Urteil vom 07.06.2010 - Az. I ZR 157/98 - Widerruf der Erledigungserklärung; BGH, Urteil vom 22.05.2003 - Az. I ZR 8/01 - Einkaufsgutschein).
2. Für die Annahme einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung des Verbrauchers im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG durch die Werbung mit einem Preisrabatt müssen zu dem in Aussicht gestellten Nachlass besondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten, die die Fähigkeit des Verbrauchers zu einer informationsgeleiteten Entscheidung wesentlich zu beeinträchtigten drohen. Bei einer zeitlichen Begrenzung der Werbeaktion können solche Umstände darin liegen, dass dem Verbraucher nur eine unangemessen kurze Überlegungszeit zusteht (BGH, Urteil vom 13.11.2002 - Az. I ZR 40/01 - Umgekehrte Versteigerung im Internet). Unzulässig können daher übersteigert zeitgebundene Angebote sein, die den potentiellen Kunden unter starken Zeitdruck setzen, um ihn zu einem schnellen und unüberlegten Kaufentschluss zu bewegen.
3. Der mündige Verbraucher ist durchaus in der Lage, mit einem (starken) Kaufanreiz
(hier: Werbung mit "Nur heute Haushaltsgroßgeräte ohne 19% Mehrwertsteuer") in rationaler Weise umzugehen. Eine rationale Kaufentscheidung setzt hierbei nicht grundsätzlich einen vollständigen Preisvergleich voraus (wird ausgeführt).
4. Eine Werbung mit der Angabe "Nur heute Haushaltsgroßgeräte ohne 19% Mehrwertsteuer" beeinflusst Verbraucher auch dann nicht in unangemessener und unsachlicher Weise i.S. von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG bei ihrer Kaufentscheidung, wenn die Werbung erst am Tag des in Aussicht gestellten Rabattes erscheint.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 14.09.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2232
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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