Kurz notiert
Bundesgerichthof
Keine Belastung des Verbrauchers mit den Kosten für die Hinsendung der Ware nach Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts bei Fernabsatzgeschäften.
BGH, Urteil vom 07.07.2010 – Az. VIII ZR 268/07; Vorinstanzen: LG Karlsruhe, Urteil vom 19.12.2005 – Az. 10 O 794/05; OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.09.2007 – Az. 15 U 226/06 = MIR 2007, Dok. 368
MIR 2010, Dok. 098, Rz. 1
1
Im Rahmen von Fernabsatzgeschäften darf der Verkäufer von Waren einen Verbraucher nicht mit den
Versandkosten für die Hinsendung der Ware an den Verbraucher belasten, wenn dieser von seinem Widerrufs- oder
Rückgaberecht Gebrauch macht. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 07.07.2010
(Az. VIII ZR 268/07 - Veröffentlichung in MIR folgt).
Zur Sache
Der Kläger ist ein Verbraucherverband. Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen. Sie stellt ihren Kunden für die Zusendung der Ware einen Versandkostenanteil von pauschal EUR 4,95 pro Bestellung in Rechnung. Der Kläger nahm die Beklagte auf Unterlassung der Erhebung derartiger Kosten gegenüber Verbrauchern nach Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts bei Fernabsatzgeschäften in Anspruch. Nachdem das LG Karlsruhe der Klage stattgegeben hatte, wie das OLG Karlsruhe die dagegen gerichtete Berufung zurück.
Entscheidung des BGH: Verkäufern von Waren ist es verwehrt, bei Fernabsatzgeschäften, Verbrauchern die Kosten für die Hinsendung der Waren aufzuerlegen, wenn diese von ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen.
Die Revision des Versandhandelsunternehmens hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hatte das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 01.10.2008 (Az. VIII ZR 268/07) ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatz-Richtlinie) dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kosten der Zusendung der Waren auch dann dem Verbraucher auferlegt werden können, wenn er den Vertrag widerrufen hat (vgl. dazu MIR 2008, Dok. 295, Rz. 1).
Diese Frage hat der EuGH mit der Begründung bejaht, dass mit Artikel 6 der Fernabsatz-Richtlinie eindeutig das Ziel verfolgt werde, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Deshalb liefe eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt wäre, eine Regelung vorzusehen, die dem Verbraucher im Fall eines solchen Widerrufs die Kosten der Zusendung in Rechnung stellt, diesem Ziel zuwider (EuGH, Urteil vom 15. April 2010 - Rs. C-511/08, MIR 2010, Dok. 058).
Aufgrund dieser für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung der Fernabsatz-Richtlinie durch den EuGH ist § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 312d, 357 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Verbraucher nach dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages ein Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Hinsendekosten zusteht. Dementsprechend ist es Verkäufern von Waren bei Fernabsatzgeschäften verwehrt, Verbrauchern die Kosten für die Hinsendung der vertriebenen Waren aufzuerlegen, wenn diese von ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 139/2010 des BGH vom 07.07.2010
Zur Sache
Der Kläger ist ein Verbraucherverband. Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen. Sie stellt ihren Kunden für die Zusendung der Ware einen Versandkostenanteil von pauschal EUR 4,95 pro Bestellung in Rechnung. Der Kläger nahm die Beklagte auf Unterlassung der Erhebung derartiger Kosten gegenüber Verbrauchern nach Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts bei Fernabsatzgeschäften in Anspruch. Nachdem das LG Karlsruhe der Klage stattgegeben hatte, wie das OLG Karlsruhe die dagegen gerichtete Berufung zurück.
Entscheidung des BGH: Verkäufern von Waren ist es verwehrt, bei Fernabsatzgeschäften, Verbrauchern die Kosten für die Hinsendung der Waren aufzuerlegen, wenn diese von ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen.
Die Revision des Versandhandelsunternehmens hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hatte das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 01.10.2008 (Az. VIII ZR 268/07) ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatz-Richtlinie) dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kosten der Zusendung der Waren auch dann dem Verbraucher auferlegt werden können, wenn er den Vertrag widerrufen hat (vgl. dazu MIR 2008, Dok. 295, Rz. 1).
Diese Frage hat der EuGH mit der Begründung bejaht, dass mit Artikel 6 der Fernabsatz-Richtlinie eindeutig das Ziel verfolgt werde, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Deshalb liefe eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt wäre, eine Regelung vorzusehen, die dem Verbraucher im Fall eines solchen Widerrufs die Kosten der Zusendung in Rechnung stellt, diesem Ziel zuwider (EuGH, Urteil vom 15. April 2010 - Rs. C-511/08, MIR 2010, Dok. 058).
Aufgrund dieser für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung der Fernabsatz-Richtlinie durch den EuGH ist § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 312d, 357 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Verbraucher nach dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages ein Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Hinsendekosten zusteht. Dementsprechend ist es Verkäufern von Waren bei Fernabsatzgeschäften verwehrt, Verbrauchern die Kosten für die Hinsendung der vertriebenen Waren aufzuerlegen, wenn diese von ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 139/2010 des BGH vom 07.07.2010
Online seit: 08.07.2010
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