MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung



EuGH, Urteil vom 15.04.2010 - C-511/08

Erstattung der "Hinsendekosten" im Fernabsatz - Nach Art. 6 Richtlinie 97/7/EG ist der Lieferer grundsätzlich verpflichtet dem Verbraucher im Fall des Widerrufs sämtliche geleistete Zahlungen unabhängig von deren Grund zu erstatten.

BGB §§ 312d Abs. 1, 346, 347 Abs. 2, 355, 356 Abs. 1, 357, 448; Richtlinie 97/7/EG Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 14

Leitsätze:*

1. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Lieferer in einem im Fernabsatz abgeschlossenen Vertrag dem Verbraucher die Kosten der Zusendung der Ware auferlegen darf, wenn dieser sein Widerrufsrecht ausübt.

2. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Richtlinie 97/7/EG ("vom Verbraucher geleistete Zahlungen") legt dem Lieferer im Fall des Widerrufs durch den Verbraucher, d.h. im Hinblick auf die Rechtsfolgen des Widerrufs, - vorbehaltlich Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Richtlinie 97/7/EG (unmittelbare Kosten der Rücksendung) - eine allgemeine Erstattungspflicht auf, die sich auf sämtliche vom Verbraucher geleistete Zahlungen unabhängig von deren Grund bezieht. Etwas anderes ist auch nicht der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 Richtlinie 97/7/EG ("infolge der Ausübung des Widerrufsrechts") zu entnehmen. Die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 97/7/EG erfassen entsprechend der Systematik und dem Sinn und Zweck der Richtlinie sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Abschluss, der Durchführung oder der Beendigung des (Fernabsatz-) Vertrags, die im Fall des Widerrufs zulasten des Verbrauchers gehen können und beziehen sich nicht nur auf die durch den Widerruf verursachten Folgekosten.

3. Mit dem Verbot, dem Verbraucher im Fall des Widerrufs die durch den Vertrag entstandenen Kosten aufzuerlegen, soll gewährleistet werden, dass das (Verbraucher-) Widerrufsrecht "mehr als ein bloß formales Recht" des Verbrauchers ist (vgl. EuGH, Urteil vom 03.09.2009 - Az. C-489/07, MIR 2009, Dok. 174). Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 Richtlinie 97/7/EG gestattet nur, dem Verbraucher im Fall des Widerrufs die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren aufzuerlegen. Der Verbraucher soll indes nicht durch die Auferlegung der Kosten (auch) der Zusendung ("Hinsendekosten") von der Ausübung des Widerrufsrecht abgehalten werden. Eine solche Belastung stünde zudem einer ausgewogenen Risikoverteilung bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz entgegen.

MIR 2010, Dok. 058


Anm. der Redaktion: Leitsatz 1 entspricht dem Tenor der Entscheidung des EuGH.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 15.04.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2157

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige