Rechtsprechung
LG Lüneburg, Beschluss vom 21.10.2009 - 9 T 99/09
Keine Dokumentenpauschale für Entscheidungsübersendung im wissenschaftlichen Interesse - Die Auswertung und Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen in Fachzeitschriften liegt überwiegend im öffentlichen Interesse im Sinne von § 4 Abs. 6 JVKostO.
JVKostO §§ 4 Abs. 6, 13 Abs. 1 Satz 2; Nds. JVKostG §§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2; KostO § 14 Abs. 3 Satz 2
Leitsätze:*1. Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen in Fachzeitschriften liegt überwiegend im öffentlichen Interesse im Sinne von
§ 4 Abs. 6 JVKostO. Eine solche Auswertung und Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen leistet einen wichtigen Beitrag
zur Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und trägt zur wissenschaftlichen Diskussion und Kritik und damit zur Rechtsfortbildung bei.
Sie dokumentiert das Recht so, wie es - über den Gesetzeswortlaut hinaus - in der Rechtsprechung Gestalt annimmt.
Überdies sind die Gerichte im demokratischen Rechtsstaat verpflichtet, ihre Entscheidungen in angemessener Weise zu veröffentlichen. Dies
ergibt sich materiell aus dem Publizitätsgebot für jegliches staatliches Handeln.
2. Der Annahme eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 4 Abs. 6 JVKostO steht nicht entgegen, wenn ein Fachverlag und/oder Autor ein
- auch - wirtschaftliches Interesse an der Publikation (hier: im Rahmen eines baurechtliches Standardwerks) besitzen. Ein solches wirtschaftliches
Interesse tritt gegenüber der grundsätzlichen Bedeutung der Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen und deren wissenschaftlicher Auswertung
durch die Literatur zurück.
3. Liegt die Auswertung und Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen im wissenschaftlichen und damit im öffentlichen Interesse, ist
das der Behörde nach § 4 Abs. 6 JVKostO zustehende Ermessen hinsichtlich des Ansatzes der Dokumenten- und Datenträgerpauschale auf Null reduziert.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 26.01.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2114
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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