Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2009 - 4 U 77/09
Missbräuchliche Verfolgung urheberrechtlicher Ansprüche – (Auch) Der Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.
BGB § 242; UrhG §§ 97, 97a; UWG § 8 Abs. 4
Leitsätze:*1. Der Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenstehen.
2. § 8 Abs. 4 UWG ist auf die missbräuchliche Verfolgung urheberrechtlicher Ansprüche (im Wege von Abmahnungen und Klagen) weder unmittelbar noch entsprechend
anwendbar. Die Klagebefugnis (bzw. Anspruchsberechtigung) des verletzten Urhebers ergibt sich – anders als im Wettbewerbsrecht – aus einem subjektiven Ausschließlichkeitsrecht und wird nicht erst gesetzlich geregelt.
3. Eine urheberrechtliche Abmahnung ist rechtsmissbräuchlich, wenn bei einer solchen Geltendmachung urheberechtlicher Ansprüche ein Gebührenerzielungs- oder
Kostenbelastungsinteresse im Vordergrund steht.
4. Für die Frage des Rechtsmissbrauchs kommt es auch im Urheberrecht entscheidend auf die, einer gerichtlichen Inanspruchnahme vorausgegangenen Abmahnung an.
Ist bereits die Abmahnung rechtsmissbräuchlich, erlischt der Unterlassungsanspruch und eine folgende Unterlassungsklage ist unzulässig; dies selbst dann, wenn
sie nur in eingeschränktem Umfang erhoben wird.
5. Sind verschiedene Verletzer als Unternehmen und Geschäftsführer miteinander verbunden, können getrennte Abmahnungen grundsätzlich unzulässig sein, da durch
eine solche Anspruchsverfolgung erheblich höhere Kosten entstehen, als bei einem gemeinsamen Vorgehen gegen solche Verletzer. Allein ein solches Vorgehen kann
ausreichen, um ein Kostenbelastungsinteresse anzunehmen (vgl. zum UWG: BGH, Urteil vom 17. 11. 2005 - I ZR 300/ 02 - MEGA SALE)
6. Für ein übermäßiges Kostenbelastungsinteresse kann ebenfalls sprechen, wenn in der Abmahnung zunächst in erheblichem Umfang - und unter Zugrundelegung überhöhter
Streitwerte - weitergehende Verletzungshandlungen gerügt werden, als sie (anschließend) zum Gegenstand einer Klage gemacht werden. Die Abmahnung soll insoweit nach
ihrer Kostenvermeidungs- und Warnfunktion nur die Ansprüche zum Gegenstand haben, die im Fall der Erfolglosigkeit auch gerichtlich geltend gemacht werden sollen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 02.01.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2100
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 047
INCA - Zwischen den Waren und Dienstleistungen des Anbieters einer softwaregestützten Marketingplattform für Influencer-Marketing und dem Angebot von Software (Klasse 09) besteht keine Ähnlichkeit
OLG Köln, Urteil vom 09.09.2022 - 6 U 18/22, MIR 2022, Dok. 066
Nachtrag als milderes Mittel - Kein Unterlassungsspruch und keine Löschung bei einem nicht mehr aktuellem Beitrag über ein Gerichtsverfahren auf der Homepage eines Rechtsanwalts
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.01.2023 - 16 U 255/21, MIR 2023, Dok. 016
"vorzeitige Verlängerung des Mobilfunkvertrages" - Kein Anwendung von § 309 Nr. 9a BGB bei der vorzeitigen Verlängerung eines Mobilfunkvertrages zwecks Erwerbes eines neuen Smartphones
OLG Köln, Urteil vom 28.05.2021 - 6 U 160/20, MIR 2021, Dok. 054
Auf die Gestaltung kommt es an - Zur markenrechtlichen Beurteilung von Google-Anzeigen mit Markennennung, die auch auf Produkte von Drittanbietern verweisen
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 024