Kurz notiert
Bundesgerichtshof
marions-kochbuch.de vs. chefkoch.de - Zur Haftung des Betreibers einer Internet-Rezeptsammlung fĂĽr zu eigen gemachte Inhalte (hier: Rezeptfotografien)
BGH, Urteil vom 12.11.2009 – Az. I ZR 166/07 – marions-kochbuch.de; Vorinstanzen: OLG Hamburg, Urteil vom 26.09.2007 – Az. 5 U 165/06, MIR 2008, Dok. 064; LG Hamburg, Urteil vom 04.08.2006 – Az. 308 O 814/05
MIR 2009, Dok. 233, Rz. 1
1
Mit Urteil vom 12.11.2009 hat der Bundesgerichtshofs entschieden, dass der Betreiber einer Rezeptsammlung im Internet (hier: www.chefkoch.de) dafĂĽr haften kann,
wenn Internetnutzer widerrechtlich Fotos von Kochrezepten auf seine Internetseite hochladen.
Zur Sache
Die Beklagte bietet unter der Internetadresse www.chefkoch.de eine kostenfrei abrufbare Rezeptsammlung an, wobei die Rezepte von Privatpersonen selbständig mit passenden Bildern hochgeladen werden. Dabei wurden mehrfach vom Kläger angefertigte Fotos verwendet, ohne seine Zustimmung einzuholen. Diese Fotos konnten zusammen mit entsprechenden Rezepten kostenlos unter der Internetadresse www.marions-kochbuch.de abgerufen werden, die der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau betreibt.
Der Kläger will der Beklagten insbesondere verbieten lassen, bestimmte von ihm erstellte und unter www.marions-kochbuch.de abrufbare Fotografien ohne seine Erlaubnis auf der Internetseite www.chefkoch.de öffentlich zugänglich zu machen. Außerdem begehrt er Schadenersatz. Die Klage hatte vor dem Landgericht (LG Hamburg, Urteil vom 04.08.2006 – Az. 308 O 814/05) und dem Oberlandesgericht (OLG Hamburg, Urteil vom 26.09.2007 – Az. 5 U 165/06, MIR 2008, Dok. 064) Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Haftung fĂĽr zu eigen gemachte Inhalte
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Bereitstellung der urheberrechtlich geschützten Fotos des Klägers zum Abruf unter der Internetadresse www.chefkoch.de verletze dessen ausschließliches Recht auf öffentliche Zugänglichmachung (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Der Rechtsverletzung stehe nicht entgegen, dass die Fotos bereits zuvor auf der Internetseite des Klägers allgemein abrufbar gewesen seien. Die Haftung der Beklagten werde auch nicht dadurch beschränkt, dass Diensteanbieter im Falle der Durchleitung und Speicherung fremder Informationen für Rechtsverletzungen nur eingeschränkt haften (vgl. §§ 8 bis 10 TMG). Denn die Beklagte habe sich die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte zu eigen gemacht. Für diese Inhalte müsse sie daher wie für eigene Inhalte einstehen.
AuĂźenwirkung und Darstellung: Ăśbernahme der inhaltlichen Verantwortung und Kontrolle
Nach Ansicht des BGH betreibt die Beklagte nicht lediglich eine Auktionsplattform oder einen elektronischen Marktplatz für fremde Angebote. Sie habe vielmehr nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Rezepte und Abbildungen übernommen. Die Beklagte kontrolliere die auf ihrer Plattform erscheinenden Rezepte inhaltlich und weise ihre Nutzer auf diese Kontrolle hin.
Zudem kennzeichne die Beklagte die Rezepte mit ihrem Emblem, einer Kochmütze. Der Verfasser des Rezepts erscheine lediglich als Aliasname und ohne jede Hervorhebung unter der Zutatenliste. Zudem verlange die Beklagte das Einverständnis ihrer Nutzer, dass sie alle zur Verfügung gestellten Rezepte und Bilder beliebig vervielfältigen und an Dritte weitergeben darf.
Schadenersatz: Keine ausreichende PrĂĽfung der Bildrechte - "Appell" in AGB unzureichend
Der Bundesgerichtshof sprach dem Kläger auch Schadensersatz zu. Die Beklagte habe nicht ausreichend geprüft, wem die Rechte an den auf ihrer Plattform erschienenen Fotos zustünden. Der Hinweis in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass auf ihre Plattform keine urheberrechtsverletzenden Inhalte geladen werden dürften, reiche insoweit nicht aus.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 233/2009 vom 13.11.2009
Zur Sache
Die Beklagte bietet unter der Internetadresse www.chefkoch.de eine kostenfrei abrufbare Rezeptsammlung an, wobei die Rezepte von Privatpersonen selbständig mit passenden Bildern hochgeladen werden. Dabei wurden mehrfach vom Kläger angefertigte Fotos verwendet, ohne seine Zustimmung einzuholen. Diese Fotos konnten zusammen mit entsprechenden Rezepten kostenlos unter der Internetadresse www.marions-kochbuch.de abgerufen werden, die der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau betreibt.
Der Kläger will der Beklagten insbesondere verbieten lassen, bestimmte von ihm erstellte und unter www.marions-kochbuch.de abrufbare Fotografien ohne seine Erlaubnis auf der Internetseite www.chefkoch.de öffentlich zugänglich zu machen. Außerdem begehrt er Schadenersatz. Die Klage hatte vor dem Landgericht (LG Hamburg, Urteil vom 04.08.2006 – Az. 308 O 814/05) und dem Oberlandesgericht (OLG Hamburg, Urteil vom 26.09.2007 – Az. 5 U 165/06, MIR 2008, Dok. 064) Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Haftung fĂĽr zu eigen gemachte Inhalte
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Bereitstellung der urheberrechtlich geschützten Fotos des Klägers zum Abruf unter der Internetadresse www.chefkoch.de verletze dessen ausschließliches Recht auf öffentliche Zugänglichmachung (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Der Rechtsverletzung stehe nicht entgegen, dass die Fotos bereits zuvor auf der Internetseite des Klägers allgemein abrufbar gewesen seien. Die Haftung der Beklagten werde auch nicht dadurch beschränkt, dass Diensteanbieter im Falle der Durchleitung und Speicherung fremder Informationen für Rechtsverletzungen nur eingeschränkt haften (vgl. §§ 8 bis 10 TMG). Denn die Beklagte habe sich die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte zu eigen gemacht. Für diese Inhalte müsse sie daher wie für eigene Inhalte einstehen.
AuĂźenwirkung und Darstellung: Ăśbernahme der inhaltlichen Verantwortung und Kontrolle
Nach Ansicht des BGH betreibt die Beklagte nicht lediglich eine Auktionsplattform oder einen elektronischen Marktplatz für fremde Angebote. Sie habe vielmehr nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Rezepte und Abbildungen übernommen. Die Beklagte kontrolliere die auf ihrer Plattform erscheinenden Rezepte inhaltlich und weise ihre Nutzer auf diese Kontrolle hin.
Zudem kennzeichne die Beklagte die Rezepte mit ihrem Emblem, einer Kochmütze. Der Verfasser des Rezepts erscheine lediglich als Aliasname und ohne jede Hervorhebung unter der Zutatenliste. Zudem verlange die Beklagte das Einverständnis ihrer Nutzer, dass sie alle zur Verfügung gestellten Rezepte und Bilder beliebig vervielfältigen und an Dritte weitergeben darf.
Schadenersatz: Keine ausreichende PrĂĽfung der Bildrechte - "Appell" in AGB unzureichend
Der Bundesgerichtshof sprach dem Kläger auch Schadensersatz zu. Die Beklagte habe nicht ausreichend geprüft, wem die Rechte an den auf ihrer Plattform erschienenen Fotos zustünden. Der Hinweis in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass auf ihre Plattform keine urheberrechtsverletzenden Inhalte geladen werden dürften, reiche insoweit nicht aus.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 233/2009 vom 13.11.2009
Online seit: 13.11.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2075
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