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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

"HappyDigits" - Zur Wirksamkeit einer formularmäßigen Einwilligung in die Datenspeicherung und Datennutzung für die Zusendung von Werbung per Post

BGH, Urteil vom 11.11.2009 – Az. VIII ZR 12/08; Vorinstanzen: LG Köln, Urteil vom 9.05.2007 - Az. 26 O 358/05, OLG Köln, Urteil vom 14.12.2007 - Az. 6 U 121/07

MIR 2009, Dok. 230, Rz. 1


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Der hat mit Urteil vom 11.11.2009 (Az. VIII ZR 12/08) über die Wirksamkeit zweier Klauseln in den Anmeldeformularen des Kundenbindungs- und Rabattsystems "HappyDigits" zu entscheiden.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzvb) hatte die Betreiberin von "HappyDigits" auf Unterlassung in Anspruch genommen.

I. Formular-Einwilligung in Datenspeicherung und Datennutzung für Werbung per Post zulässig

Die erste, in der Mitte des Formulars platzierte und zusätzlich umrandete Klausel lautet:

"Einwilligung in Beratung, Information (Werbung) und Marketing

Ich bin damit einverstanden, dass meine bei HappyDigits erhobenen persönlichen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) und meine Programmdaten (Anzahl gesammelte Digits und deren Verwendung; Art der gekauften Waren und Dienstleistungen; freiwillige Angaben) von der D GmbH ... als Betreiberin des HappyDigits Programms und ihren Partnerunternehmen zu Marktforschungs- und schriftlichen Beratungs- und Informationszwecken (Werbung) über Produkte und Dienstleistungen der jeweiligen Partnerunternehmen gespeichert, verarbeitet und genutzt werden. ... Sind Sie nicht einverstanden, streichen Sie die Klausel ..."


Der Bundesgerichtshof erachtete diese Klausel für wirksam.

Sie betreffe allein die Einwilligung in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post sowie zu Zwecken der Marktforschung. Die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) seien insoweit der alleinige Prüfungsmaßstab für die Frage, ob durch eine solche Einwilligung Regelungen vereinbart worden sind, die im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen (BGH, Urteil vom 16.07.2008 – Az. VIII ZR 348/06, MIR 2008, Dok. 278 - "Payback"; dem hiesigen Berufungsurteil zeitlich folgend).

Eine Einwilligung in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten in einem Formular muss besonders hervorgehoben werden - Streichungsmöglichkeit reicht

Unter dem Gesichtspunkt datenschutzrechtlicher Bestimmungen sei die Klausel nicht zu beanstanden. Danach könne die Einwilligung in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, sofern sie – wie hier - besonders hervorgehoben wird. Zwar sehe die Klausel – anders als die Klausel, die Gegenstand der "Payback"-Entscheidung war - nicht die Möglichkeit vor, zu ihrer Abwahl ein zusätzliches Kästchen anzukreuzen, sondern weise fettgedruckt auf die Möglichkeit zur Streichung der Klausel hin. Die Möglichkeit zur Abwahl durch Ankreuzen sei jedoch nicht zwingend, wenn die Klausel eine andere Abwahlmöglichkeit enthält und dem Hervorhebungserfordernis des § 4a Abs. 1 BDSG gerecht wird. Dies sei hier der Fall. Die Klausel sei in der Mitte des eine Druckseite umfassenden Formulars platziert und als einziger Absatz der Seite mit einer zusätzlichen Umrahmung versehen. Bereits deshalb ziehe sie Aufmerksamkeit auf sich. Der fettgedruckten Überschrift lasse sich schon aufgrund des verwendeten Worts "Einwilligung" unmittelbar entnehmen, dass die Klausel ein rechtlich relevantes Einverständnis des Verbrauchers mit Werbungs- und Marketingmaßnahmen enthalte, die in aller Regel mit einer Speicherung und Nutzung von Daten einhergehen. Dies sei einem durchschnittlich verständigen Verbraucher auch bekannt.

"Opt-out" für Werbung per Post weiterin zulässig

Daran habe sich auch durch die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes mit Wirkung vom 01.09.2009 nichts geändert. Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG nF sei die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Adresshandels oder der Werbung zulässig, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, sei diese nach § 28 Abs. 3a Satz 2 BDSG nF in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben. Die in der Regelung enthaltenen Anforderungen sollen nach der Gesetzesbegründung denen entsprechen, die der Bundesgerichtshof in der "Payback"-Entscheidung an die Hervorhebung der Einwilligungserklärung gestellt hat. Auch nach der neuen Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes sei somit eine "opt-out"-Regelung zur Erteilung der Einwilligung in die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung per Post zulässig. Eine darüber hinausgehende Einwilligung in die Verwendung solcher Daten für Werbung im Wege elektronischer Post (SMS, E-Mail), die nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG wirksam nur durch eine gesondert abzugebende Erklärung ("opt-in") erteilt werden kann, ist – anders als im "Payback"-Fall – nicht Gegenstand der von der Beklagten verwendeten Klausel.

II. Fingierte nachträglich Einbeziehung von Teilnahmebedingungen unzulässig

Die zweite Klausel, die unter der Unterschriftenzeile platziert war, lautet wie folgt:

"Die Teilnahme an HappyDigits erfolgt auf Grundlage der Allgemeinen Teilnahmebedingungen, die Sie mit Ihrer Karte erhalten und die Sie dann mit Ihrer ersten Aktivität, z.B. Sammeln, anerkennen."

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs verstößt diese Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 305 Abs. 2, § 308 Nr. 5 BGB.

Die Klausel solle die Einbeziehung der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Teilnahmebedingungen in die zu schließenden Verträge bewirken, ohne dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen eingehalten sind (§ 305 Abs. 2 BGB). Voraussetzung für die wirksame Einbeziehung sei unter anderem, dass der Verwender der anderen Vertragspartei bei Vertragsabschluss die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von dem Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Die Klausel gehe aber davon aus, dass die Allgemeinen Teilnahmebedingungen den Teilnehmern bei Abgabe des Teilnahmeantrags nicht vorliegen, sondern erst später mit der Karte übersandt werden. In den somit ohne Einbeziehung der Allgemeinen Teilnahmebedingungen zustande gekommenen Vertrag sollen diese sodann nachträglich dadurch einbezogen werden, dass das Einverständnis der Teilnehmer mit der darin liegenden Vertragsänderung durch die erste Verwendung der Karte unter Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB fingiert wird. Darin liege eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher, so der Bundesgerichtshof

(tg) - Quelle: PM Nr. 228/2009 des BGH vom 11.11.2009

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 11.11.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2072
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